Bernīni

[720] Bernīni, Lorenzo, ital. Architekt, Bildhauer und Maler, geb. 1598 in Neapel, gest. 28. Nov. 1680 in Rom, genoß den Unterricht seines Vaters, ging mit ihm nach Rom und erregte hier durch sein Talent die Aufmerksamkeit Pauls V. Papst Gregor XV. ernannte ihn zum Ritter, Urban VIII. 1629 zum Oberaufseher des Baues der Peterskirche und zum Direktor aller öffentlichen Arbeiten für die Verschönerung Roms. In gleicher Ehre und Tätigkeit erhielt sich B. unter Innocenz X. und Alexander VII. 1663 ging er auf die Einladung Ludwigs XIV. wegen des Louvrebaues nach Paris. Seine Reise dahin, über die er ein noch erhaltenes Tagebuch geführt hat (hrsg. von L. Lalanne, Par. 1890), glich einem Triumphzug; allein seine Zeichnungen zum Louvre mußten später Claude Perraults Entwürfen weichen. Mehr Beifall hatte eine Büste des Königs aus Marmor, die B. ebenfalls in Paris fertigte. In Rom erlangte der Künstler unter Clemens X. sein altes Ansehen wieder und behauptete es bis zu seinem Tode. B. besaß reiche Phantasie und große technische Geschicklichkeit; aber seine Kunst hatte sich der einfachen Schönheit entfremdet und frönte dem Geschmack des sinnlichen Reiz und Pomp verlangenden Zeitalters. Seine Gestalten sind gespreizt und unnatürlich. Ihr Fleisch hat ein so aufgedunsenes Ansehen, daß die Muskeln der männlichen Körper an Blasen erinnern, und die Fleischmassen seiner Frauen sind von übertriebener Üppigkeit. Sein Faltenwurf ist manieriert. Auch als Architekt huldigte B., der einer der hervorragendsten Vertreter des Barockstils ist, demselben theatralischen Pomp, vermochte jedoch auch starke monumentale Wirkungen zu erzielen. B. hat besonders als Bildhauer großen Einfluß auf seine Zeitgenossen ausgeübt und zu den manierierten, empfindungslosen Figuren, die die Bildhauerei vom Ende des 17. Jahrh. bis über die Mitte des 18. kennzeichnen, das Vorbild gegeben. Von seinen zahlreichen, meist in Rom befindlichen Werten sind hervorzuheben: die Säulengänge auf dem St. Petersplatz, sein Hauptwerk, 1667 angefangen und unter Clemens IX. vollendet, mit 162 Statuen von Heiligen und Ordensstiftern, die nach Berninis, Zeichnungen gefertigt sind; die Fassade des Palastes Barberini gegen die Villa delle quattro Fontane; der Palast Bracciano auf der Piazza di S. S. Apostoli; die Scala regia des vatikanischen Palastes; das Arsenal in Civita Vecchia; die Fontäne am Platz Barberini; das große Tabernakel über dem Hauptaltar der Peterskirche; die vier Kirchenväter, die den Stuhl des heil. Petrus tragen, daselbst über dem Altar der heiligen Jungfrau; die Grabmäler Urbans VIII. und Alexanders VII.; die Bildsäulen des Longinus und Konstantins d. Gr. zu Pferde, sämtlich daselbst; die heil. Theresia in der Kirche Santa Maria della Vittoria, von dem Künstler selbst für sein bestes Werk erklärt; der Raub der Proserpina in der Villa Ludovisi, eine manierierte Nachahmung des Sabinerinnenraubes von Giovanni Bologna; die Marmorstatuen: Äneas und Anchises, Apollon und Daphne in der Villa Borghese (s. Tafel »Bildhauerkunst XI«., eig. 4), eine Jugendarbeit, aber eine seiner besten; Neptun und Glaucus in der Villa Montalto; der Triton der Quelle am Platz Navona; Urban VIII. auf dem Kapitol. Auch als Schriftsteller, namentlich als Komödiendichter, hat sich B. versucht. Vgl. Dohme, Lorenzo B. (in »Kunst und Künstler«, Bd. 3, Leipz. 1879); Fraschetti, II B. (Mail. 1899).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 2. Leipzig 1905, S. 720.
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