Carcassonne

[758] Carcassonne (spr. -ssona'), Hauptstadt des franz. Depart. Aude und Festung dritten Ranges, liegt 103 m ü. M. an der Aude, am Canal du Midi und ist Knotenpunkt an der Südbahn. Die Stadt wird durch den Fluß in die alte und finstere Cité oder Oberstadt, mit altem Kastell, doppelter Umwallung, zahlreichen Türmen aus dem 6.–14. Jahrh. (restauriert von Viollet le Duc) und der Kirche St.-Nazaire aus dem 11. Jahrh., und in die Unterstadt geteilt, die von Boulevards (an Stelle alter Festungsmauern) umgeben ist und regelmäßige Straßen, einen Platz mit Springbrunnen, die Kathedrale St.-Michel und die Kirche St.-Vincent, beide aus dem 14. Jahrh., die Präfektur und das Justizpalais, ein Denkmal des Dichters A. Chénier, Markthallen und einen Hafen umfaßt. Die beiden Stadtteile sind durch zwei Brücken (eine aus dem 13. Jahrh.) verbunden. Die Einwohner, deren Zahl (1901) 27,522 beträgt, treiben vornehmlich Tuchfabrikation und bedeutenden Handel mit Getreide und Wein. C. ist Sitz des Präfekten und eines Bischofs sowie eines Handelsgerichts und hat ein Lyzeum, ein theologisches, ein Lehrer- und Lehrerinnenseminar, ein Museum, ein physikalisches Kabinett und eine Bibliothek von 22,000 Bänden. – C. ist das Carcaso der Alten, das, von Tektosagen bewohnt, in Gallia Narbonensis lag. Schon um 100 n. Chr. ward es Bischofsitz und fiel später als das übrige Gallien in die Gewalt der Westgoten. Bei C. schlug deren König Reccared 589 die Franken; die Goten hielten sich im Besitz der Stadt, die dann 724 bis 759 den spanischen Sarazenen gehörte, bis Pippin der Kurze ganz Septimanien unterwarf und mit dem Frankenreich vereinigte. Im 9. Jahrh. wurde C. Sitz von Grafen und Vizegrafen (Vicomten); der erste bekannte war 970 Arnald. Als dessen Stamm um 1060 mit Raimund ausstarb, kam die Grafschaft an die Grafen von Barcelona und durch diese, mit Ausnahme der Stadt C., als Lehen an den Grafen von Béziers. Ludwig VIII. entriß die Stadt 1226 den Albigensern, und 1247 übergab sie der letzte Graf von C., Raimund von Trincavel, an Ludwig IX., der sie befestigen ließ. Vgl. Cros-Mayrevielle. Histoire du comté et de la vicomté de C. (1846). Viollet le Duc, La cité de C. (Par. 1858); Fédié. Histoire de C. (Carcassonne 1888); Jourdanne, C. (das. 1901).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 3. Leipzig 1905, S. 758.
Lizenz:
Faksimiles:
Kategorien:
Ähnliche Einträge in anderen Lexika