Ernesti

[62] Ernesti, 1) Johann August, Philolog und Theolog, geb. 4. Aug. 1707 zu Tennstedt in Thüringen, gest. 11. Sept. 1781 in Leipzig, studierte seit 1726 in Wittenberg und Leipzig, wurde 1731 Konrektor und 1734 an Gesners Stelle Rektor der Thomasschule zu Leipzig, was er bis 1759 blieb, war daneben seit 1742 außerordentlicher Professor litterarum humaniorum an der Universität, wurde 1756 ordentlicher Professor der Beredsamkeit an derselben, 1759 auch der Theologie und legte erst 1770 die erstere Professur nieder. Als Schulmann bildete E. die enzyklopädische Unterrichtsweise Gesners weiter aus. Hierzu dienten besonders die »Initia doctrinae solidioris« (Leipz. 1736, 8. Aufl. 1802) und die »Initia rhetorica« (das. 1750 u. ö.); die von ihm entworfenen »Sächsischen Schulordnungen« blieben im wesentlichen von 1773–1847 in Kraft. Als Philolog folgt er der grammatisch-kritischen Methode der Holländer; er gab heraus Xenophons »Memorabilien« (Leipz. 1737,5. Aufl. 1772), Homer (das. 1759–64, 5 Bde.; 2. Aufl. von W. Dindorf, 1824), Kallimachos (Leiden 1761, 2 Bde.), Polybios (Wien u. Leipz. 1763–64, 3 Bde.), Cicero (Leipz. 1737–39, 5 Bde.; am sorgfältigsten in der 3. Aufl. 1774–77; dazu »Clavis Ciceroniana«, das. 1739; 6. Aufl. von Rein, Halle 1831), Sueton (Leipz. 1748, 2. Aufl. 1775) und Tacitus (das. 1752; 3. Ausg. von Oberlin, 1801, 2 Bde.). In der Theologie hat sich E. besonders um die Erklärung der Bibel verdient gemacht, für die er dieselbe Methode wie für die Profan schriften beanspruchte. Wir erwähnen hier: »Institutio interpretis Novi Testamenti« (Leipz. 1761; 5. Aufl. von Ammon, 1792) und »Anti-Muratorius« (das. 1755). Auch die »Neue theologische Bibliothek« (Leipz. 1760 bis 1769, 10 Bde.) und die »Neueste theologische Bibliothek« (das. 1773–79, 4 Bde.) hat er zum größten Teil allein geschrieben. Durch seine Latinität erwarb er sich den Ehrennamen eines deutschen Cicero. Seine kleinern Schriften sind vereinigt in »Opuscula oratoria, orationes, prolusiones et elogia« (Leiden 1762, 2. Aufl. 1767), »Opusculorum oratoriorum novum volumen« (Leipz. 1791), »Opuscula philologica critica« (Leiden 1764 u. 1776), »Opuscula theologica« (Leipz. 1773 u. 1792), »Opuscula varii argumenti« (von Stange, das. 1794).

2) Heinrich Friedrich Theodor Ludwig, prot. Theolog, geb. 27. Mai 1814 in Braunschweig, gest. 17. Aug. 1880 in Wolfenbüttel, wurde 1833 Diakonus in Braunschweig, siedelte 1842 nach Wolfenbüttel über, wo er zunächst Pfarrer, 1843 Superintendent, 1850 Konsistorialrat, 1858 Generalsuperintendent und 1877 Vizepräsident des Landeskonsistoriums wurde. Er schrieb: »Erklärung des Kleinen Katechismus Dr. Luthers«, »Vom Ursprung der Sünde nach Paulinischem Lehrgehalt« (Götting. 1862, 2 Bde.) und »Die Ethik des Apostels Paulus« (Braunschw. 1868, 3. Aufl. 1880). Seit 1874 war er Präsident der Eisenacher Kirchenkonferenz. Nach seiner persönlichen Überzeugung gehörte er der Vermittelungstheologie an; sein engeres Vaterland verdankt ihm die Durchführung einer synodalen Kirchenordnung.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 6. Leipzig 1906, S. 62.
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