Frohschammer

[164] Frohschammer, Jakob, freisinniger kath. Theolog und Philosoph, geb. 6. Jan. 1821 in Illkofen bei Regensburg, gest. 14. Juni 1893 in Bad Kreuth, studierte in München Philosophie und Theologie, wurde 1847 zum katholischen Priester geweiht, habilitierte sich 1850 an der Münchener Universität als Privatdozent der Theologie und trat nach dem Erscheinen seiner »Beiträge zur Kirchengeschichte« (1850), einer Schrift »Über den Ursprung der menschlichen Seelen« (Münch. 1854) und seines offenen Sendschreibens an K. Vogt: »Menschenseele und Physiologie« (das. 1855), als Professor der Philosophie 1855 in die philosophische Fakultät über. Da seine Schriften: »Einleitung in die Philosophie« (Münch. 1858), »Über die Aufgabe der Naturphilosophie« (das. 1861) und besonders »Über die Freiheit der Wissenschaft« (das. 1861) in Rom Anstoß erregten, der Papst sogar ihretwegen ein Schreiben an den Erzbischof von München-Freising richtete, aber F. den geforderten Widerruf verweigerte, so wurde er 1863 suspendiert. Dies hinderte ihn erst recht nicht, den Kampf gegen die kirchliche Autorität und das Unfehlbarkeitsdogma in mutigster Weise fortzusetzen, ohne sich der altkatholischen Bewegung anzuschließen. Er hat in seinem unbeirrten Kampf um die Wahrheit für seine Überzeugung viel gelitten, so daß er sagen konnte, seine Autobiographie sei fast eine »Historia calamitatum«. Als Philosoph ist er in seinem zugleich gegen Dogma und Materialismus gerichteten Buch »Das Christentum und die moderne Naturwissenschaft« (Wien 1868) gegen beide polemisch aufgetreten, und später hat er ein eignes System aufgestellt in den Werken: »Die Phantasie als Grundprinzip des Weltprozesses« (Münch. 1877) und »System der Philosophie im Umriß« (1. Abt., das. 1892). Die Philosophie ist ihm die stets in Beziehung zur Empirie stehende Wissenschaft von der idealen Wahrheit als Idealwissenschaft und als Welterklärung aus einem Prinzip; dieses ist die Phantasie, die in weiterm Sinn als gewöhnlich zu verstehen ist. Einmal ist sie objektiv der Grund alles Werdens, weil wirkend im Naturprozeß, dann subjektiv ist sie auch Erkenntnisprinzip von allem, formal wirkend im individuellen geistigen Leben. Sie formt und bildet alles im Weltganzen, in der Geschichte, in dem Individuum; ja, sollte man die Beschaffenheit des absoluten Wesens je erfassen, so wäre die Phantasie auch hierzu am ersten zu brauchen. Ausgeführt und erläutert hat er seine Lehre, die verschiedene Anhänger gefunden hat, in den Werken: »Monaden und Weltphantasie« (Münch. 1879), »Über die Bedeutung der Einbildungskraft in-der Philosophie Kants und Spinozas« (das. 1879), »Über die Prinzipien der Aristotelischen Philosophie und die Bedeutung der Phantasie in derselben« (das. 1881), »Die Philosophie als Idealwissenschaft und System« (das. 1884), »Über die Organisation und Kultur der menschlichen Gesellschaft« (das. 1885), »Die Philosophie des Thomas von Aquino« (Leipz. 1889), »Über das Mysterium Magnum des Daseins« (das. 1891). Vgl. seine Autobiographie in den »Deutschen Denkern« (Heft 1 u. 2, Danz. 1888); Kirchner, Über das Grundprinzip des Weltprozesses mit besonderer Berücksichtigung Frohschammers (Köthen 1882); Reich, Weltanschauung und Menschenleben; Betrachtungen über die Philosophie Frohschammers (Großenhain u. Leipz. 1884); Münz, I. F., der Philosoph der Weltphantasie (Bresl. 1894); »Briefe von und über I. F.« (Leipz. 1897); Altensperger, I. Frohschammers philosophisches System im Grundriß (Zweibrücken 1899).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 7. Leipzig 1907, S. 164.
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