Gallipŏli

[291] Gallipŏli, 1) Kreishauptstadt in der ital. Provinz Lecce, auf einer Felseninsel im Meerbusen von Tarent gelegen und durch eine Brücke von zwölf Bogen mit der am Festland gelegenen Vorstadt verbunden, an der Eisenbahn Brindisi-G., hat eine schöne Kathedrale von 1629, ein Kastell, ein Seminar, ein Gymnasium und eine Technische Schule, einen durch einen Molo geschützten Hafen, in den 1900: 614 Schiffe von 293,848 Ton. eingelaufen sind, betreibt Steinbrüche, Ölfabrikation, Faßbinderei, Thunfischfang, Ausfuhr von Olivenöl, Wein etc. und zählt (1901) ca. 11,500 (als Gemeinde 13,552) Einw. Dem Hafen von G. sind mehrere Inseln, darunter St. Andrea, vorgelagert.[291] G. ist Sitz eines Bischofs sowie eines deutschen Vizekonsuls. Es ist von Griechen gegründet (Kallipolis). Vgl. P. Maisen, G. e suoi dintorui illustrati (Gallipoli 1870). – 2) (türk. Gelibolu) Hauptstadt eines Sandschaks im türk. Wilajet Adrianopel, auf der Ostküste der langgestreckten, aus jungtertiären Gesteinen tafelartig aufgebauten Halbinsel von G., ehemals wichtigste Handelsstadt am Hellespont, Sitz eines Kaimakams und eines griechischen Bischofs, ist trotz des flachen, kleinen, befestigten Hafens ein wichtiger Ausfuhrplatz mit lebhaftem Schiffsverkehr. Als Station der türkischen Kriegsflotte und Vorhafen von Konstantinopel hat es ansehnliche Marineanstalten; ferner hat es zahlreiche Moscheen, Ruinen des antiken Kalliupolis, ausgedehnte Basare und Magazine und 30,000 Einw. (meist Griechen, Türken, dann Armenier, Juden), die Handel in Leder und Topfwaren treiben. – Die Stadt, bei den alten Griechen Kalliupolis genannt, wurde erst unter den spätern makedonischen Königen gebaut. Frühzeitig wurde hier ein Bistum errichtet. Die byzantinischen Kaiser befestigten G., das als Schlüssel des Hellespont und als Stapelplatz des griechischen und italienischen Handels wichtig war. Hier setzte im dritten Kreuzzug Kaiser Friedrich I. Rotbart im Februar 1190 mit seinem Heer über die Meerenge. Nach der Eroberung Konstantinopels durch die Lateiner (1204) kam G. unter die Herrschaft der Venezianer; doch schon 1235 wurde es von den Lateinern erobert. Bei G. (1294) siegten die Genuesen über die Venezianer. Die Katalonier setzten sich unter Roger Flor 1306 hier fest, ermordeten nach dem Tode ihres Anführers fast sämtliche Bürger, wurden hierauf vom Kaiser und von den Genuesen lange vergeblich belagert und zogen 1307 ab, nachdem sie zuvor die Festungswerke geschleift hatten. 1356 landete auf diesen Küsten Orchans Sohn Suleiman Pascha, dessen merkwürdiges Grabmal sich hier befindet. G. war der erste Ort in Europa, der von den Türken erobert worden ist. Die Festungswerke von G. wurden nun wiederhergestellt; Bajesid verstärkte sie 1391 noch mehr und legte den Hafen an. Hier schlugen 1416 die Venezianer unter Pietro Loredano die Türken. Im letzten orientalischen Kriege 1854 war G. der Landungsplatz der englischen und französischen Truppen.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 7. Leipzig 1907, S. 291-292.
Lizenz:
Faksimiles:
291 | 292
Kategorien: