Kalisch [3]

[473] Kalisch, 1) Ludwig, Schriftsteller, geb. 7. Sept. 1814 in Polnisch-Lissa von jüdischen Eltern, gest. 3. März 1882 in Paris, verließ als zwölfjähriger Knabe seine Vaterstadt und bereitete sich nach langen Irrfahrten ziemlich spät für den Besuch der Hochschule vor. In Heidelberg und München studierte er zuerst Medizin, dann vergleichende Sprachwissenschaft und Literaturgeschichte. Nachdem er 1843 seinen Aufenthalt in Mainz genommen, trat er zuerst als humoristisch-satirischer Schriftsteller hervor und gab 1843–1846 die Karnevalszeitung »Narrhalla« heraus, deren ausschließlicher Verfasser er war. Daneben veröffentlichte er: »Das Buch der Narrheit« (Mainz 1845); »Schlagschatten« (das. 1845); »Poetische Erzählungen« (das. 1845) u. »Shrapnels« (Frankf. a. M. 1849) An der revolutionären Bewegung des Jahres 1849 beteiligt, sah er sich genötigt, Deutschland zu verlassen Er ging nach Paris, dann nach London, wo er ein Bild beider Städte in dem Buch »Paris und London« (Frankf. a. M. 1851, 2 Bde.) entwarf, und ließ sich darauf in Paris nieder. Neben zahlreichen Journalartikeln schrieb er noch: »Heitere Stunden«, Novellen (Berl. 1872, 2 Bde.); »Bilder aus meiner Knabenzeit« (Leipz. 1872); »Gebunden und ungebunden« (Münch. 1876) und »Pariser Leben« (Mainz 1881,2. Aufl. 1882). Auf dem Gebiete der humoristischen Ballade und Romanze hat K. Mustergültiges geleistet.

2) David, bekannter Possendichter und Schöpfer des modernen Couplets, geb. 23. Febr. 1820 in Breslau von jüdischen Eltern, gest. 21. Aug. 1872 in Berlin, widmete sich dem Kaufmannsstand, ging nach Paris, wo er mit Herwegh, H. Heine, den Sozialisten Marx und Wolf u. a. verkehrte, und trat 1846 in ein Handlungshaus zu Berlin. Bald beherrschte er hier (Wallner-Theater) und in vielen Städten Norddeutschlands mit seinen Stücken die komische Bühne. Unter seinen Possen sind hervorzuheben: »Einmalhunderttausend Taler«, »Münchhausen«, »Berlin bei Nacht«, »Peschke«, »Ein gebildeter Hausknecht«, »Der Aktienbudiker«, »Berlin, wie es weint und lacht«, »Einer von unsre Leut«, »Berlin wird Weltstadt«, »Die Berliner in Wien«, »Der Goldonkel«, »Musikalische Abendunterhaltung«, »Namenlos« (gemeinsam mit E. Pohl) etc. Eine Sammlung seiner kecken, meist durch politische Anspielungen drastisch wirkenden Couplets gab er u. d. T.: »Berliner Leierkasten« (Berl. 1857–66, 3 Bde.) heraus; eine Anzahl seiner Possen erschien gesammelt u. d. T.: »Lustige Werke« (das. 1870,3 Hefte). K. war zugleich der Begründer des Witzblattes »Kladderadatsch« (1848), dessen Redaktion er später mit Ernst Dohm (s. d.) teilte, und in dem er den spezifischen Berliner Witz, volkstümlichen Humor und höhern Blödsinn vertrat, wie denn auch die typischen Gestalten: Zwückauör, Müller und Schulze, Karlchen Mießnick etc. seine Erfindungen sind. Vgl. M. Ring, David K. (Berl. 1872).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 10. Leipzig 1907, S. 473.
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