Kegel [1]

[801] Kegel (Conus), ein Körper, der begrenzt wird von einem ebenen Flächenstück (der Basis oder Grundfläche) und von den geraden Linien, welche die Begrenzungskurve dieses Flächenstücks mit einem Punkte außerhalb der Ebene des Flächenstücks verbinden. Dieser Punkt heißt die Spitze des Kegels und das krumme Flächenstück, das von jenen Geraden (den Mantellinien) gebildet wird, der Kegelmantel; das von der Spitze auf die Grundfläche gefällte Lot ist die Höhe des Kegels. Ist die Grundfläche ein Kreis, so hat man einen Kreiskegel, der gerade oder schief heißt, je nachdem der Fußpunkt der Höhe (der Punkt, wo die Höhe die Grundfläche trifft) in den Mittelpunkt des Grundkreises fällt oder nicht. Unter K. schlechthin wird oft der gerade Kreiskegel verstanden, der zugleich der einzige Rotationskegel ist: er entsteht, wenn man sich ein rechtwinkliges Dreieck um eine der Katheten gedreht denkt. Ein abgestumpfter K. oder Kegelstumpf wird erhalten, wenn man von einem K. durch eine zur Grundfläche parallele Ebene ein Stück abschneidet; der senkrechte Abstand dieser Ebene von der Grundfläche ist die Höhe des Stumpfes, das in ihr liegende ebene Flächenstück, das den Stumpf begrenzt, die Deckfläche. Ist G der Flächeninhalt der Grundfläche und h die Länge der Höhe, so ist der Rauminhalt des Kegels 1/3 G. h, ist die Grundfläche ein Kreis vom Halbmesser r, so kann man dafür 1/3r2πh setzen, wo π = 3,1416 (s. Kreis), ist dieser Kreiskegel insbes. gerade, so ist der Flächeninhalt des Kegelmantels rπs, wo s die Mantellinie (Seite) des Kegels bezeichnet, und zwar ist s = √(r2+h2). Der Rauminhalt eines Kegelstumpfes mit der Höhe h, der Grundfläche G und der Deckfläche g ist: 1/3h (G+√gG+g). In der höhern Geometrie versteht man unter K. meist nicht den Körper, sondern die durch die Mantellinien bestimmte Fläche, denkt sich aber dabei die Mantellinien über die Spitze und über die Grundfläche hinaus bis ins Unendliche verlängert, so daß eine Fläche entsteht, die sich von der Spitze aus nach beiden Seiten ins Unendliche erstreckt. Überhaupt nennt man K. jede Fläche, die von einer Geraden beschrieben wird, wenn diese beständig durch einen gegebenen Punkt (die Spitze) geht und zugleich an einer gegebenen krummen Linie (der Leitlinie) hingleitet; die verschiedenen Lagen der beweglichen Geraden heißen die Erzeugenden des Kegels. Der K. gehört zu den abwickelbaren Flächen, weil er sich ohne Zerrung oder Dehnung auf eine Ebene ausbreiten läßt. Ist die Leitlinie ein Kreis, so hat man wieder einen geraden oder schiefen Kreiskegel; schneidet man einen solchen mit beliebigen Ebenen, so erhält man als Schnittlinien Kegelschnitte (s. d.). Näheres in den Lehrbüchern der Stereometrie (s. d.) und der analytischen Geometrie (s. d.) des Raumes. – In der Orographie ein mehr oder minder frei stehender Berg von kegelförmiger Gestalt; eine Gruppe solcher Berge heißt Kegelgebirge. – In der Buchdruckerkunst versteht man unter K. die gleichmäßige Stärke des Typenkörpers in der Richtung der Höhe des Buchstabenbildes. Der schiefe K. wurde beim Guß einiger Schreibschriften (s. Schriftarten) angewandt, ist aber jetzt in Deutschland fast ganz außer Brauch. Früher in beliebigen Abstufungen, ist der K. zuerst in Frankreich systematisiert worden durch den Schriftgießer Fournier le jeune, der in seinem 1764 veröffentlichten »Manuel typographique« eine Darlegung seiner nach typographischen Punkten gestalteten Einteilung gab. Später brachte François Ambroise Didot Fourniers Punktsystem in exakte Maßverhältnisse, die sodann durch den Schriftgießer und Messinglinienfabrikanten Hermann Berthold in Berlin (1879) deutschen Bedürfnissen angepaßt wurden, so daß das System [801] Berthold jetzt in den deutschen Schriftgießereien maßgebend ist. – Der Hase »macht einen K.«, wenn er sich gerade auf die Hinterläufe erhebt. Sitzt er auf den Keulen, so macht er Männchen. – K. ist auch ein alter Ausdruck für uneheliches Kind, woher die Redensart Kind und Kegel, soviel wie eheliche und uneheliche Kinder.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 10. Leipzig 1907, S. 801-802.
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