Lohmeyer

[665] Lohmeyer, 1) Karl Heinrich, Historiker, geb. 24. Sept. 1832 in Gumbinnen, seit seiner Geburt ohne Arme, studierte in Königsberg Geschichte und ward 1873 Professor an der Universität daselbst. Er schrieb: »He Richardo Angliae rege« (Königsb. 1857); »Geschichte von Ost- und Westpreußen« (1. Teil, 2. Aufl., Gotha 1881); »Hilfsbuch für den Unterricht in der brandenburgisch-preußischen Geschichte« und »in der deutschen Geschichte« (mit Thomas, Halle 1886); »Herzog Albrecht von Preußen« (Danzig 1890); »Geschichte des Buchdrucks und des Buchhandels im Herzogtum Preußen« (1896–97, 2 Bde.), gab des Kaspar v. Nostitz »Haushaltungsbuch des Fürstentums Preußen 1578« (Leipz. 1893) heraus und übersetzte Paolis »Grundriß zu Vorlesungen über lateinische Paläographie und Urkundenlehre« (3 Abteilungen, Innsbr. 1885–1900; 1. Abt. in 3. Aufl. 1901) und »Die Abkürzungen in der lateinischen Schrift des Mittelalters« (das. 1892).

2) Julius, Dichter und Schriftsteller, geb. 6. Okt. 1835 in Neiße, gest. 24. Mai 1904 in Charlottenburg, widmete sich in Breslau naturwissenschaftlichen Studien, wurde dann Apotheker und übernahm 1862 die Hofapotheke in Elbing. 1868 wurde er infolge seiner mehrjährigen Mitarbeit in die Redaktion des »Kladderadatsch« nach Berlin berufen, der er bis 1873 angehörte; in diesem Jahre gründete er die illustrierte Zeitschrift »Deutsche Jugend«, die bald als die beste deutsche Jugendschrift weite Verbreitung fand (Bd. 1–27, Leipz. 1873–85; neue Folge, Bd. 1–6, Berl. 1885–88; Bd. 7 u. 8, Stuttg. 1888–89; Bd. 9–11, Hamb. 1890–93). Hier sowohl wie in seinen zahlreichen, meist humorvollen Kinderbilderbüchern und Jugenderzählungen suchte er durch die Heranziehung erster deutscher Künstler und Dichter in reformatorischem Sinne zu wirken. Daneben war er Chefredakteur des »Deutschen Familienblattes«. Von seinen übrigen Veröffentlichungen erwähnen wir: »Künstlerfestspiele« (Berl. 1885); »Gedichte eines Optimisten« (Leipz. 1885); »Auf Pfaden des Glücks«, Lebenssprüche (das. 1896); »Humoresken« (Berl. 1899); »Kinderlieder und Reime« (Leipz. 1897); »Die Bescheidenen«, Novellen (Dresd. 1898); »Wir leben noch«, neue Novellen (Stuttg. 1901). Mit zahlreichen Fachmännern veröffentlichte er: »Das goldene Buch. Eine deutsche Kulturüberschau an der Jahrhundertwende« (Leipz. 1900, illustriertes Foliowerk), mit J. Trojan das »Kriegsgedenkbuch des Kladderadatsch. Ernst und Humor aus den Jahren 1870 und 1871« (Berl. 1891), das auch Lohmeyers eigne Gedichte aus der Zeit des deutsch-französischen Krieges enthält. Auch gab L. die ersten 12 Bände der »Vaterländischen Jugendbücherei für Knaben und Mädchen« (Münch. 1899–1901) heraus; ferner mehrere Sammlungen kunstgeschichtlichen und pädagogischen Inhalts; »Studienmappen deutscher Meister« (Bresl. 1891 ff.), »Wandbilder für den geschichtlichen Unterricht« (Berl. 1889–93, 3 Serien) und »für den geschichtlichen Unterricht in der neuern vaterländischen Geschichte« (das. 1895) und die »Wandbilder für deutsche Götterlehre und Sage« (mit Felix Dahn). Für die Flottenbewegung trat er ein durch die Gründung der sogen. Deutschen Professorenvereinigung (1898) und durch Herausgabe der Marine- und Kolonialbibliothek »Auf weiter Fahrt«, Selbsterlebnisse zur See und zu Lande. Mit Originalbeiträgen deutscher Seeoffiziere etc. (Leipz. 1901–03, 3 Bde.). Lohmeyers Gesamttätigkeit galt der Belebung und Stärkung des deutschen Nationalgefühls, der auch die von ihm 1901 begründete »Deutsche Monatsschrift« (jetzt redigiert von Hoetzsch) dienen sollte. Nach seinem Tod erschienen seine »Gesammelten Dichtungen« (Berl. 1904). Auf seinem Grabe wurde von der Stadt Charlottenburg, deren Ehrenbürger L. gewesen war, von der Literarischen Vereinigung und von dem Verein Berliner Künstler ein Denkmal errichtet (mit Bronzerelief von Schüler).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 12. Leipzig 1908, S. 665.
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