Morny

[154] Morny (eigentlich Demorny), Charles Auguste Louis Joseph, Herzog von, franz. Staatsmann, geb. 22. Okt. 1811 in Paris, gest. 10. März 1865, war der natürliche Sohn der Königin Hortensia von Holland, der Gemahlin Ludwig Napoleons, und ihres Großstallmeisters, des Grafen Auguste Charles Flahault, wurde von dem kinderlosen Grafen M. adoptiert, trat 1830 in ein Ulanenregiment und diente mit Auszeichnung in Algerien. 1838 nahm er seinen Abschied vom Militär und errichtete zu Clermont in der Auvergne eine Runkel rübenzuckerfabrik. 1842 in die Deputiertenkammer gewählt, unterstützte er das Ministerium Guizot. Da Unglück in industriellen Spekulationen und im Spiel seine Vermögensverhältnisse gänzlich zerrüttet halten, schloß er sich dem Prinzen Ludwig Napoleon an und leitete als Minister des Innern den Staatsstreich vom 2. Dez. 1851, gab aber schon 13. Jan. 1852 sein Portefeuille wieder ab. Im November 1854 ward er zum Präsiden len des Gesetzgebenden Körpers ernannt. Vom Mai 1856 bis August 1857 war er französischer Gesandter in Petersburg, wo er sich 7. Jan. des letztern Jahres mit der jungen, reichen Fürstin Sophie Trubetzkoi vermählte. Von 1857–65 war er wieder Präsident des Gesetzgebenden Körpers und zeichnete sich in dieser Stellung durch Witz, Reichtum an Ideen, weltmännische Gewandtheit und Unparteilichkeit aus. Doch fehlten ihm sittliche Grundsätze, und durch seine Frivolität und Beteiligung an schwindelhaften Finanzgeschäften schädigte er nicht nur das Au sehen des Kaiserreichs, sondern auch die Interessen Frankreichs, indem er der Jeckerschen Geldgeschäfte wegen Napoleon zur verhängnisvollen Expedition nach Mexiko bewog. Er ward auf Staatskosten bestattet. Ein Auszug aus seinen Memoiren erschien unter dem Titel: »Une ambassadeen Russie 1856« (Par. 1891). Seine Witwe, geb. 1838 in St. Petersburg, zum zweitenmal vermählt seit 2. April 1868 mit José Osorio y Silva, Duque de Sesto, Marqués de Alcañices, starb 9. Aug. 1896 in Paris; ihr Sohn aus erster Ehe ist August, Herzog von M. (geb. 1859).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 14. Leipzig 1908, S. 154.
Lizenz:
Faksimiles:
Kategorien:
Ähnliche Einträge in anderen Lexika