Nationalfarben

[443] Nationalfarben, ein in der neuern Zeit den mehr dynastischen Landeswappen (s. Wappen) an die Seite gestelltes nationales Symbol, das lediglich aus zwei oder mehr Farben besteht. Nur innerhalb der ihnen genau angewiesenen Folge bilden die Farben die N. eines Landes. Die N. werden vorzugsweise in Fahnen zur Schau getragen, die bei feierlichen Gelegenheiten auf öffentlichen und Privatgebäuden ausgezogen oder ausgehängt werden. In den Freundschaftsverträgen zwischen verschiedenen Nationen wird den diplomatischen Agenten in der Regel das Recht zugesichert, von den N. in der erwähnten Weise Gebrauch machen zu dürfen. Das Herabreißen einer solchen Fahne ist eine schwere Beschimpfung der betreffenden Nation, für die nach dem Völkerrecht Genugtuung gewährt werden muß. Die Schiffe einer Nation erhalten (in Deutschland auf Grund eines Flaggenattestes) das Recht zur Führung der N. Außerdem kommen sie bei der Landarmee in Fahnen, Kokarden (s. d.), Feld binden, Portepees u. dgl. zur Anwendung, in Kokarden auch bei der deutschen Marine seit 1884. Die N. sind als solche durchaus modernen Ursprungs, obgleich sie nicht selten auf eine ältere Quelle, die Wappenfarben, zurückgehen. Deutschland hat erst mit Errichtung des Norddeutschen Bundes, dessen Farben auf das Deutsche Reich übergingen, N. erhalten; denn die Farben Schwarz-Rot-Gold (s. Deutsche Farben) waren die Burschenschaftsfarben. Daß sich die N. in Deutschland nicht früher nachweisen lassen, erklärt sich durch die territoriale Zerklüftung des allen Reiches und das mangelnde nationale Bewußtsein. Die Farben der einzelnen Territorien sind, wo sie vorkommen, mehr fürstliche Hausfarben, die sich nicht immer an das Wappen anlehnen. Schwarz-Weiß (-Silber) waren ursprünglich die Hausfarben der fränkischen Hohenzollern. Es zeigt sich zwar in den Wappen des Uradels eine zuweilen frappierende provinzielle Vorliebe für gewisse Farben, z. B. in Franken für Rot-Weiß; doch ist durch diese Tatsache die Existenz von Landesfarben noch keineswegs erwiesen. Die N. dürften nicht hinter die Trikolore der ersten französischen Republik zurückzudatieren sein. S. die Tafeln »Flaggen« und die Übersicht der Landesfarben bei Tafel »Wappen«. Vgl. Grenser, Die National- und Landesfarben von 130 Staaten (2. Aufl. 1881); Heyer v. Rosenfeld, Die Staatswappen der bekanntesten Länder der Erde nebst deren Landesflaggen und Kokarden (10. Aufl., Frankf. a. M. 1895).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 14. Leipzig 1908, S. 443.
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