Deutsche Farben

[690] Deutsche Farben. Die alte deutsche Reichssturmfahne bestand aus einem goldenen Banner mit einem schwarzen Adler im Felde, der des Kaisers Hauswappen auf der Brust trug; sie wurde an roter Stange mit silberner Spitze getragen und bestand bis zum Ausgang des Mittelalters. Als Reichsfarben galten nach ihr Schwarz und Gelb (Gold). Erst die aus der patriotischen Begeisterung der Befreiungskriege hervorgegangene deutsche Burschenschaft wählte 1815 die Trikolore »Schwarz-Rot-Gold« als Symbol des deutschen Vaterlandes zu ihrem Abzeichen. Ob bei dieser Wahl nur der zufällige Geschmack eines patriotisch begeisterten Mädchens (Amalie Nitschke), die der Studentenschaft Jenas die erste schwarz-rot-goldene Fahne verehrte, oder das alte Reichsbanner, dessen goldenes Feld häufig auch von einem roten Streifen durchzogen war, den Ausschlag gegeben, ist streitig. Die bald eintretende Verfolgung der Burschenschaften erstreckte sich auch auf ihr Abzeichen, und ein Bundesbeschluß vom 5. Juli 1832 verbot das Tragen von Bändern, Kokarden etc. in diesen Farben. Gerade die Bedeutung, die sie hierdurch erlangten, bewirkte, daß die liberalen deutschen Patrioten Schwarz-Rot-Gold als die Nationalfarben anerkannten, und verhalf ihnen in der Bewegung von 1848 zum Sieg. Am 9. März d. I. wurde durch Bundesbeschluß der zweiköpfige Reichsadler mit der Aufschrift »Deutscher Bund« als Bundeswappen angenommen und gleichzeitig damit die Farben Schwarz-Rot-Gold zu Farben des Deutschen Bundes erhoben. Jedoch mit Reaktivierung des Deutschen Bundes fand diese Glanzperiode der deutschen Farben bereits ihr Ende, und in verschiedenen Staaten verfiel ihr Tragen von neuem der polizeilichen Verfolgung. Erst bei Wiederbeginn der nationalen Bewegung wurde die »deutsche Trikolore« von neuem zum Nationalsymbol erhoben, und während des Frankfurter Fürstentages 1863 wehte sie über dem Sitz der Bundesversammlung. 1866 wurden sie dann offiziell von den Bundesregierungen, die sich gegen Preußen erklärt hatten, als gemeinsames Zeichen anerkannt, und das 8. deutsche Armeekorps, die »deutsche Reichsarmee«, trug im Kriege gegen Preußen als Feldzeichen eine schwarz-rot-goldene Armbinde. Als die preußenfeindliche Partei in Deutschland unterlag, ward bei der Gründung des Norddeutschen Bundes die Trikolore »Schwarz-Weiß-Rot«, die beiden ersten Farben mit Rücksicht auf die Landesfarben Preußens, die letzte nach der Erklärung Bismarcks mit Rücksicht auf die Farben Kurbrandenburgs (rot und weiß) zum offiziellen Banner des Bundes bestimmt und ging von ihm 1871 auf das neue Deutsche Reich über. – Schwarz-Rot-Gold (Gelb) ist Landesfarbe der preußischen Fürstentümer, Schwarz-Gold-Rot die des Königreichs Belgien. Vgl. Fürst Hohenlohe, Die deutschen Farben Schwarz-Gold-Rot (Stuttg. 1866); Hildebrandt, Wappen und Banner des Deutschen Reiches (Berl. 1870); Pallmann, Zur Geschichte der deutschen Fahne und ihrer Farben (das. 1871); »Die Kaiserfarben« (Wiesbad. 1871).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 4. Leipzig 1906, S. 690.
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