Pairs

[309] Pairs (franz., spr. pǟr, engl. Peers, spr. pīrs, vom lat. pares, »Gleiche«), in England und vordem auch in Frankreich die mit politischen Vorrechten ausgestatteten Mitglieder des hohen Adels. Die Pairswürde (Pairschaft, franz. Pairie, engl. Peerage) ist auf das Lehnswesen zurückzuführen. Das altgermanische Volksgericht beruhte nämlich auf dem Grundsatze, daß der Freie nur von seinesgleichen gerichtet werden könne (Judicium parium). So wurde denn namentlich für die Lehnsgerichte streng daran festgehalten, daß nur Standesgleiche (Pares curiae) den Standesgenossen richteten. Die dem Thron zunächst stehenden Kronvasallen (Pares regni) aber bildeten die engste und höchste Rechtsgenossenschaft. Während nun in Deutschland aus dem ursprünglichen Vasallentum der Großen des Reiches sich mit der Zeit die Landeshoheit der Reichsfürsten entwickelte, verblieb der englische hohe Adel, der teils angelsächsischer, teils normannischer Herkunft war, der Krone gegenüber im Untertanenverhältnis. Dafür erlangten aber die Barone als die Ratgeber der Könige wesentliche politische Vorrechte, die sie auf den Reichstagen geltend machten; aus letztern ging das englische Parlament hervor. Die Magna Charta (s. d.) von 1215 hatte nicht umsonst bestimmt, daß nur mit Zustimmung des Adels neue Steuern erhoben werden dürften, und daß die Erzbischöfe, Bischöfe, Äbte, die Grafen und die großen Barone persönlich durch königliche Briefe zu dem Parlament geladen, alle übrigen Vasallen des Königs durch dessen Beamte dazu insgesamt berufen werden sollten. Aus letztern ging das spätere Unterhaus, aus den erstern Elementen das Oberhaus hervor (s. Großbritannien, S. 373). Übrigens kommen den englischen Peers, welche die Erbstände des Reiches bilden, deren Würde aber auch von der Krone verliehen werden kann, außer dem Rechte der Mitgliedschaft im Oberhaus noch verschiedene sonstige [309] Vorrechte von hoher Bedeutung zu (s. Adel, S. 102). In Frankreich wurden im Mittelalter zwölf Große des Reiches P. (Pairs de France) genannt, nämlich außer dem König selbst die Herzoge von Burgund, Aquitanien und von der Normandie, die Grafen von Flandern, Toulouse und Champagne und fünf geistliche Herren (der Erzbischof von Reims und die Bischöfe von Beauvais, Châlons, Laon und Noyon). Die P. trugen bei Krönungsfeierlichkeiten die Insignien der königlichen Gewalt; sie hatten jederzeit Zutritt zu dem König, auch Sitz und Stimme in dem Parlament, d.h. dem königlichen Gerichtshof in Paris, vor dem sie auch allein zur Rechenschaft gezogen werden konnten. Später wurde die Zahl der P. erheblich vermehrt, namentlich durch Verleihung der Pairswürde an Prinzen des königlichen Hauses und an sonstige Große des Reiches, ohne daß jedoch diese Pairie eigentliche politische Vorrechte hatte. Die Revolution von 1789, bei deren Ausbruch es 38 weltliche P., zumeist Herzoge, gab, zerstörte wie den Adel überhaupt, so namentlich die Pairie. Allerdings schuf nachmals die Charte constitutionelle vom 4. Juni 1814 eine Pairskammer, die, abgesehen von der Teilnahme an der Gesetzgebung, zugleich der Gerichtshof für Vergehen der Minister und für Staatsverbrechen sein sollte. Allein dieselbe konnte bei der Armut und dem geringen Ansehen des Adels zu keiner großen politischen Bedeutung gelangen, zumal da die Krone von ihrem Rechte zur Ernennung der P. den ausgiebigsten Gebrauch machte und sich durch wiederholten Pairsschub, d.h. massenweise Ernennung gefügiger P., die Möglichkeit der Beeinflussung sicherte. Die Februarrevolution von 1848 beseitigte die Pairskammer, anderen Stelle der Senat trat. In Deutschland, Österreich und Japan, welch letzteres seit 1890 ein Parlament hat, wird manchmal der Ausdruck P. zur Bezeichnung derjenigen Mitglieder der Ersten Kammern gebraucht, die von der Krone ernannt werden, oder mit dem Besitz gewisser Güter auch das Recht der Mitgliedschaft in der Ersten Kammer (Herrenhaus) haben.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 15. Leipzig 1908, S. 309-310.
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