Parchim

[432] Parchim (Parchem), mecklenburg-schwerinsche Vorderstadt (d.h. diejenige, die auf den Landtagen das Direktorium des zweiten Standes oder der Landschaft des Kreises führt), an der Elde, Knotenpunkt der Staatsbahnlinien Schwerin-P. und Ludwigslust-Neubrandenburg, 46 m ü. M., ist von Ringmauern und schönen Promenaden umgeben, besteht aus der Alt- und Neustadt und hat 2 evang. Kirchen (die gotische St. Georgenkirche aus dem 14. Jahrh., mit 70 m hohem Turm, und die Marienkirche aus dem 13. Jahrh., mit 76 m hohem Turm), Synagoge, ein altes gotisches Rathaus und seit 1876 ein Denkmal des Feldmarschalls von Moltke, der hier geboren wurde (in seinem Geburtshaus die Moltkestiftung). Die Einwohnerzahl beläuft sich (1905) mit der Garnison (ein Dragonerregiment Nr. 18) auf 10,397, meist Evangelische. An Erwerbszweigen sind vertreten: Zichorien-, Tuch-, Papier-, Zellulose-, Tabak- und Zigarrenfabrikation, Gerberei, Bierbrauerei, Branntweinbrennerei, Molkerei, Fischerei und Handel. P. hat ein Amtsgericht und ein Gymnasium mit Realprogymnasium. 2 km südlich der zum Stadtgebiet gehörige Brunnen, ein Vergnügungsort mit Eisenquelle. – Die Stadt, um 1210 gegründet, erhielt durch Heinrich Borwin I. von Mecklenburg 1218 lübisches Recht, fiel bei der Teilung der Lande nach Heinrich Borwins II. Tod an dessen Sohn Pribislaw II. und war nach dem Erlöschen dieser Linie (1261) noch einmal (1283–1354) Residenz eines Zweiges der fürstlichen Familie. Die Reformation fand 1528 in P. Eingang; damals war es eine durch Hopfenbau, Tuch- und Leinweberei bedeutende Stadt, deren Wohlstand aber durch den Dreißigjährigen Krieg vernichtet wurde. 1667 wurde das fürstliche Land- und Hofgericht hierher verlegt. Erst in neuerer Zeit hat die Stadt sich wieder gehoben. Vgl. Cleemann, Chronik und Urkunden der mecklenburgischen Vorderstadt P. (Parchim 1825); Icke, Neueste Geschichte der mecklenburgisch-schwerinschen Vorderstadt P. 1801–1852 (das. 1853); Hübbe, Zur topographischen Entwickelung der Stadt P. (das. 1899); Weltzien, Zur Geschichte Parchims (das. 1903).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 15. Leipzig 1908, S. 432.
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