Pesăro

[639] Pesăro, Hauptstadt der ital. Provinz Pesaro e Urbino, an der Mündung der Foglia ins Adriatische Meer und an der Eisenbahn Bologna-Ancona, ist mit Wällen umgeben, die teilweise in Anlagen umgewandelt sind, hat fünf Tore, ein KastellRocchetta«, von 1474, jetzt Pulvermagazin), einen schönen Hauptplatz, Denkmäler Rossinis, Garibaldis und des Grafen Giulio Perticari und mehrere Kirchen, darunter den Dom San Francesco mit gotischem Portal und einer Krönung Mariä von Giov. Bellini, die große Renaissancekirche San Giovanni Battista (1515 begonnen) und die Kirche Sant' Agostino mit schönem gotischen Portal. Unter den übrigen Gebäuden zeichnen sich aus: der Präfekturpalast, einst Palast der Herzoge von Urbino (1455 von den Sforza begonnen), mit imposanter Fassade, das Stadthaus, die Paläste Baldassini, Bonamini-Pepoli und Machirelli. Über die Foglia führt eine antike Brücke aus der Zeit Trajans. Die Stadt zählt (1901) 14,862 (als Gemeinde 25,103) Einw. Die Industrie umfaßt hauptsächlich Seidenspinnereien, Schwefelraffinerie, Schiffbau, Fabrikation von Maschinen und Eisengußwaren, Tonwaren, Öl etc.; der Handel ist ziemlich lebhaft und vertreibt vorzugsweise Wein, Öl, Feigen, Trüffeln, Seide, Leder, Häute, Seife, Käse, Eisen und Blei. Der durch Erweiterung und Ausmauerung der Fogliamündung hergestellte Hafen ist nur für kleinere Fahrzeuge zugänglich und hat einen schönen Leuchtturm. In ihm sind 1903: 493 Schiffe von 16,929 Ton. eingelaufen. An Unterrichtsanstalten besitzt P. ein Lyzeum, ein Gymnasium, ein Technisches Institut, eine Technische Schule, ein Musikkonservatorium, ein bischöfliches Seminar und eine Ackerbauschule, dazu eine öffentliche Bibliothek (50,000 Bände, 2000 Manuskripte), eine naturhistorische, eine Altertümer-, eine Majoliken- und eine Gemäldesammlung (sämtlich im Stadthaus), zwei Theater, eine Filiale der Nationalbank, ein Waisen-, ein Findelhaus und eine Irrenanstalt. Die Stadt ist Sitz des Präfekten, eines Bischofs, eines Tribunals, eines Assisenhofs und einer Handelskammer. Sie ist der Geburtsort des römischen Dichters Accius, Rossinis und Mamiani's della Rovere. 3 km westlich von P. liegt auf dem Monte San Bartolo die schöne Villa Imperiale, 1464 erbaut, einst Landsitz der Herzoge von Urbino, mit Fresken geschmückt, 1882 restauriert. Südlich von P., bei Novilara, wurde 1892 eine alte Gräberstätte aufgefunden. – P. hieß zur Römerzeit Pisaurum und war eine römische Kolonie. Vom Gotenkönig Vitiges zerstört, ward es von Belisar wieder aufgebaut und, zum ravennatischen Exarchat gehörig und eine der Fünfstädte (Pentapolis), 755 vom Frankenkönig Pippin der römischen Kirche geschenkt. Kaiser Heinrich VI. verlieh die Stadt mit der Mark seinem Seneschall Markward von Annweiler, doch gewann Innozenz III. sie nach dem Tode des Kaisers wieder. 1285 kam sie unter die Herrschaft der Familie Malatesta, die sie 1445 an die Sforzas verkaufte. Von diesen kam sie an die Herzoge della Rovere von Urbino, unter denen sie ein Mittelpunkt der italienischen Literatur und von Tasso und Leonore von Este häufig besucht war. Nach dem Aussterben dieses Hauses mit dem Tode des Herzogs Francesco Maria II. 1631 zog Papst Urban VIII. dessen Herrschaften als heimgefallene Lehen ein. Von da an gehörte P. zum Kirchenstaat, bis es Ende 1860 an das Königreich Italien kam.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 15. Leipzig 1908, S. 639.
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