Poggio Bracciolīni

[64] Poggio Bracciolīni (spr. poddscho brattscho-), Gian-Francesco, Humanist, geb. 11. Febr. 1380 im Kastell Terranuova bei Florenz, gest. 30. Okt. 1459 in Florenz, trat 1403 als Sekretär in den Dienst der päpstlichen Kurie, begleitete Johann XXIII. zum Konzil von Konstanz (1414–18), begab sich nach demselben nach England, kehrte aber unbefriedigt Ende 1422 nach Rom zurück und verblieb im Dienste der Päpste, bis er 1453 als Staatskanzler nach Florenz berufen wurde. Durch Aufspürung von damals verlornen Werken der lateinischen Literatur, besonders aus den Klöstern der Schweiz und Deutschlands von Konstanz aus, wie des Quintilianus, Valerius Flaccus, Asconius, vieler Reden Ciceros, der »Silvae« des Statius, des Manilius, Lucretius, Ammianus Marcellinus, Columella, Petronius, Nonius, des größten Teils von Tacitus und Plautus, des Frontin, hat er sich unvergängliche Verdienste erworben. Er ist der Meister des humanistischen Briefstils. Außer mehreren Übersetzungen griechischer Schriften (des Diodor, der »Cyropädie« des Xenophon u. a.) erwähnen wir die »Facetiae«, eine Sammlung witziger, zum Teil höchst unanständiger Geschichten (zuerst Rom 1470, zuletzt das. 1884; deutsche Übersetzung von Semerau, Leipz. 1906), »De varietate fortunae« (zuletzt Par. 1723) und »Historia Florentina« von 1350–1455 (zuletzt Vened. 1715, und in Muratori, »Rerum Italicarum scriptores«, Mail. 1723–51, Bd. 20). Seine Briefe sind am besten herausgegeben von Tonelli (mit Lebensbeschreibung, Flor. 1832–1861, 3 Bde.). Seine Werke erschienen Straßburg 1510, besser Basel 1538 und 1556. Vgl. Shepherd, Life of Poggio B. (Liverpool 1802; italienisch mit wertvollen Zusätzen von Tonelli, Flor. 1825).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 16. Leipzig 1908, S. 64.
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