Sèvres

[388] Sèvres (spr. ßǟwr'), Stadt im franz. Depart. Seine-et-Oise, Arrond. Versailles, am linken Ufer der Seine zwischen dem Park von St.-Cloud und dem Wald von Meudon, an den beiden Linien Paris-Versailles (rechtes und linkes Seineufer) und der Linie Paris-Les Moulineaux-Puteaux der Westbahn, mit Paris auch durch Straßenbahn und Dampfboote verbunden, hat eine berühmte staatliche Porzellanfabrik mit Fachschule und einer Bronzestatue von Palissy, einer Ausstellung und einem 1801 von Brongniart angelegten reichhaltigen Museum (Sammlung von Töpferwaren aller Zeiten), außerdem Fabrikation von Glas und Konserven, Böttcherei, Bleicherei, Steinbrüche, eine Lehrerinnenbildungsanstalt, ein Theater und (1901) 8216 Einw. Die Porzellanfabrik, 1745 in Vincennes gegründet, 1756 nach S. verlegt und 1760 von Ludwig XV. einer Aktiengesellschaft abgekauft, fertigte neben Servicen, Lüstern, Pendulen und ähnlichen Geräten vornehmlich Prachtvasen (Potpourri) und Biskuitfiguren und -Gruppen, zu denen die berühmtesten Bildhauer die Modelle lieferten. Charakteristisch für das Sèvresporzellan sind auch gewisse Farben, wie das Königsblau (bleu du roi. bleu de S., oft von seinen goldenen Adern durchzogen), das türkische Blau, das Pompadourrot (rose Dubarry) und das Apfelgrün (vert pomme). Die Fabrikation von Frittenporzellan hörte um 1805 auf, wurde aber 1847 wieder begonnen. Erzeugnisse in Hartporzellan (pâte dure) gingen seit 1765 aus der Fabrik hervor. Aber erst seit 1800 trat die Fabrikation von Hartporzellan in den Vordergrund und verdrängte schließlich das Frittenporzellan gänzlich. Auch in der neuern Zeit war die Fabrikation von Prachtvasen und Servicen, zu der sich noch Porzellangemälde gesellten, Hauptbeschäftigung der Manufaktur, die seit der ersten Revolution in die Verwaltung des Staates überging.

Marken der Porzellanmanufaktur zu Sèvres.
Marken der Porzellanmanufaktur zu Sèvres.

Nachdem sie eine Zeitlang in ihren Leistungen stark zurückgeblieben war, hat sie seit dem Anfang der 1860er Jahre einen neuen Aufschwung genommen und namentlich auf den großen Weltausstellungen in Vasen und andern Gefäßen und Geräten mit Pâte-sur-pâte-Dekorationen Vorzügliches geleistet (s. Keramik, S. 845). Als Marke (s. Abbildung und Artikel »Porzellanmarken«) dienten seit 1753 zwei verschlungene L, zumeist in Blau, in deren Mitte die Buchstaben des Alphabets fortlaufend, bis 1777 einzeln, dann doppelt gesetzt wurden. Seit 1793 tritt das Wort »Sèvres« ein. Zuerst dienten besonders Meißener Porzellane als Vorbild. Die Fabrik, die gegenwärtig auch Ateliers für Glasmosaik und Emailmalerei umfaßt, befindet[388] sich seit 1876 in einem Neubau nahe der Seine am Südostrande des Parkes von St.-Cloud. S. ist Geburtsort des Malers Troyon. Vgl. Havard und Vachon, Les manufactures nationales (Par. 1889); Baumgart, La manufacture nationale de S. (Weltausstellung 1900, das. 1901); Papillon, Guide du musée céramique de la manufacture nationale de S. (das. 1904, amtlich); Ad. Brüning, Porzellan, Handbuch der königlichen Museen (Berl. 1907).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 18. Leipzig 1909, S. 388-389.
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