Südpolarländer

[185] Südpolarländer (antarktische Länder, hierzu »Karte der Südpolarländer«, mit Registerblatt), alle Länder und Inseln, die innerhalb oder in der Nähe des südlichen Polarkreises liegen. Das Vorhandensein eines antarktischen Kontinents (Terra antarctica, T. australis, T. Magellanica), das schon sehr früh behauptet wurde, weil man einen solchen als Gegengewicht gegen die nördlichen Landmassen für notwendig erachtete, ist durch die Ergebnisse der neuern Südpolarexpeditionen wahrscheinlich gemacht worden. Man hat für ihn den Namen »Antarctica« vorgeschlagen und seinen Flächeninhalt auf 8–10 Mill. qkm geschätzt. Der äußere Rand dieses vermutlichen Festlandes überschreitet nur an wenigen Punkten den südlichen Polarkreis. Am weitesten nach N. dringt, gegenüber der Südspitze Amerikas, das Grahamland vor, dessen Nordostende, das Louis Philippe-Land, sich fast bis zum 63.° südl. Br. erstreckt. Dem Grahamland sind im W. die Südshetlandinseln und der Palmer-Archipel, im NO. die Südorkney-Inseln, die Joinville-Insel und zahlreiche kleinere Inseln vorgelagert. Das südwestlich von Grahamland unter 68° südl. Br. von Bellingshausen 1821 gesehene Alexander I.-Land steht wahrscheinlich mit Grahamland in Verbindung. Unter gleicher Breite ist weiter westlich von Bellingshausen die kleine Peter I.-Insel entdeckt worden. Unter 150–158° westl. L. und 76–78° südl. Br. liegt das von der englischen Expedition unter Scott 1902 entdeckte Eduard VII.-Land und westlich davon unter 160–170° östl. L. das schon von Roß entdeckte Victorialand, dessen Küste Scott 1902 zu Schlitten nach Süden bis 82°17' südl. Br. verfolgte. Von 150–100° östl. L. folgen unter dem südlichen Polarkreis eine Reihe von Landsichtungen, die man als Wilkesland zusammenfaßt und die der Reihe nach von W. nach O. Adélieland, Clarieland, Northland, Sabrinaland, Buttland und Knoxland genannt worden sind. Hieran schließt sich unter 90° östl. L. das von der deutschen Expedition unter v. Drygalski 1902 entdeckte Kaiser Wilhelm II.-Land. Es folgen unter 60° östl. L. Kempland, unter 50° östl. L. Enderbyland und unter 20° westl. L. das von der schottischen Südpolarexpedition unter Bruce 1904 entdeckte Coatsland, das von Grahamland durch das zeitweise weit nach Süden hin schiffbare Weddellmeer getrennt ist. Den Südpolarländern werden als sub antarktische Gebiete noch einige Inseln und Inselgruppen zwischen 60 und 50° südl. Br. zugerechnet, die durch ihre klimatischen Verhältnisse sich ihnen anschließen. Es sind dies östlich vom Kap Hoorn Südgeorgien unter 54° südl. Br. und 37° westl. L. und die Sandwichgruppe unter 56–59° südl. Br. und 27° westl. L., zwischen Südamerika und Australien die Keatesinsel unter 58° südl. Br. und 120° westl. L., die Emeraldinsel unter 56° südl. Br. und 165° östl. L. und die Macquarieinseln unter 54° südl. Br. und 160° östl. L., zwischen Australien und Südafrika die Kerguelen-, Heard- und Macdonaldinseln unter 49–54° südl. Br. und 68–74° östl. L., endlich südwestlich vom Kap der Guten Hoffnung die Bouvetinsel unter 54° südl. Br. und 4° östl. L. – Über den geologischen Bau der eigentlichen Antarktis sind wir nur sehr unvollkommen unterrichtet. Neben Urgesteinen (Granit, Gneis, Glimmerschiefer) und Sandsteinen sind namentlich jüngere vulkanische, vorwiegend basaltische Gesteine verbreitet. Tätiger Vulkanismus ist vom Victorialand (Erebus 3889 m) und von den Südshetlandinseln (Deceptioninsel) bekannt. Sedimentäre Schichten mit Pflanzenresten, wahrscheinlich tertiären Alters, sind auf dem Victorialand und auf der Seymourinsel östlich von Louis Philippe-Land gefunden worden. Über die klimatischen Verhältnisse geben die Beobachtungen der Belgica-Expedition in der Belgicastraße, Borchgrevinks bei Kap Adare, der deutschen Gauß-Expedition in der Posadowskybucht, der englischen Discovery-Expedition auf der Erebusinsel und der schwedischen Expedition unter Otto Nordenskjöld auf der Snow Hill-Insel einige Auskunft. Die durchschnittlichen Jahrestemperaturen ergaben sich:

Tabelle

[185] Über der Antarktis lagert ein Gebiet verhältnismäßig hohen Luftdrucks, das durch Depressionen, die zwischen den Parallelen von 50 und 60° südl. Br. vorbeiziehen, zu erhöhter Reaktion veranlaßt wird. Daher treten häufig Süd- und Südweststürme auf, oft in Verbindung mit einem starken und plötzlichen Temperaturwechsel. Die niedern Temperaturen und reichlichen Niederschläge haben eine allgemeinere Vergletscherung und tiefere Lage der Schneelinie als in gleichen Breiten der arktischen Zone bewirkt. Bemerkenswert ist auch die gewaltige Ausdehnung und die tafelförmige Form der Eisberge, die nur von einem ausgedehnten Inlandeise stammen können. Da die S. größtenteils unter Eis und Schnee begraben sind, ist die Flora sehr dürftig und fast nur auf die subantarktischen Gebiete beschränkt. Auf den Kerguelen finden sich 26 Gefäßpflanzen, unter denen der Kerguelenkohl (Pringlea antiscorbutica), in Südgeorgien 15, unter denen das fast mannshohe Tussokgras und die Rosazee Acaena ascendens besonders bemerkenswert sind. Innerhalb des Polarkreises sind nur Flechten beobachtet worden (durch Borchgrevink bei Kap Adare und auf der Possessioninsel). Reicher ist die Algenflora der Meeresküsten. Die Landfauna der subantarktischen Inseln ist gleichfalls sehr arm. Außer eingeschleppten Kaninchen und Mäusen fehlen Säugetiere, von Landvögeln findet sich auf Südgeorgien ein Piper (Anthus antarcticus), von niedern Tieren auf Kerguelen eine Schnecke, ein Regenwurm, einige meist flügellose Insekten,:b Spinnen, 4 Milben und 7 Süßwasserkrustazeen. In der eigentlichen Arktis ist eine Landfauna überhaupt nicht vorhanden. Dagegen ist das Tierleben des Meeres ziemlich reich, von Säugetieren finden sich Blauwal, Finnwal, Buckelwal, Doggling, Schwertwal, ferner Robben, Seeelefanten und Seeleoparden. Unter den Wasservögeln sind besonders die Pinguine in mehreren Arten vertreten, ferner Sturmvögel, Möwen, Seeschwalben, Enten, Kormorane und Scheidenschnäbel. Auch das niedere Tierleben des Meeres ist ziemlich mannigfaltig. Über die Südpolarexpeditionen s. den besondern Artikel. Vgl. V. v. Haardt, Südpolarkarte, 1:10,000,000 (Wien 1896, 4 Blatt); Fricker, Antarktis (Berl. 1898) und die Artikel über die einzelnen Südpolarländer.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 19. Leipzig 1909, S. 185-186.
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