Schülerbriefwechsel

[63] Schülerbriefwechsel, besonders internationaler S. Planmäßige Pflege scheint der Briefwechsel von Schülern und Schülerinnen verschiedener Anstalten und verschiedener Landesteile, zuerst in Frankreich, gefunden zu haben. Daneben führte die Annäherung der gebildeten Nationen durch den Aufschwung des modernen Weltverkehrs im letzten Drittel des 19. Jahrh. zu dem Gedanken, das gegenseitige Verständnis in sprachlicher wie überhaupt in kultureller Hinsicht durch Briefaustausch von Land zu Land zu fördern. Anknüpfungen für solchen internationalen Briefwechsel, besonders zwischen jüngern Kaufleuten suchten in England und Nordamerika bereits um 1880 sogen. Corresponding Societies zu erleichtern. Derartige Bestrebungen auch auf die Jugend höherer Schulen auszudehnen, lag nahe. Die Neigung dazu bestand besonders bei den katholischen weiblichen Orden, die in Ländern verschiedener Zunge Schulen und Pensionate unterhielten. Einer von Professor Kretschmar in Kolberg 1889 begründeten Internationalen Korrespondenz-Assoziation (I. C. A.), die als Ganzes auf allgemeinere Zwecke berechnet war, stand auch das Interesse für internationalen S. nicht fern, das ebenso im Kreise der internationalen Friedensfreunde (Berta von Suttner etc.) und in einzelnen Jugendzeitschriften, wie dem in Stuttgart erscheinenden »Guten Kamerad«. Widerhall fand. In ein praktisches System wurde die Sache gebracht besonders durch den Lehrer des Englischen am Collège zu Draguignan (Depart. Var), Professor Mieille, der 1896 in der »Revue universitaire« über seine seit 1892 betriebenen Versuche berichtete, worauf W. Th. Stead in seiner »Review of Reviews« zustimmend antwortete. Beide genannte Zeitschriften dienen seither als Zentralstellen zur Vermittelung für den S. zwischen Frankreich und England. In Deutschland errichtete der sächsische Neuphilologenverband eine eigene Zentralstelle in Leipzig, deren Leiter, Professor Martin Hartmann, die Angelegenheit mit Erfolg vertritt. Der internationale S., der, richtig geleitet, zweifellos Gutes schaffen, den Sprachunterricht unterstützen und das friedliche Band unter den Nationen befestigen kann, begegnet in der deutschen Lehrerwelt immerhin auch gewissen Bedenken. Einzelne Erfahrungen mahnen zur Vorsicht, während er in andern Fällen zu wirklichen Freundschaften und zu gegenseitigen Besuchen in den Ferienzeiten[63] oder zum Austausche der Schüler für längere Zeiten geführt hat. Vgl. Hartmann, Reiseeindrücke und Beobachtungen eines deutschen Neuphilologen in der Schweiz und in Frankreich (Leipz. 1897) und Der internationale S. (im 2. Bd. der »Deutschen Zeitschrift für ausländisches Unterrichtswesen« das. 1897); Thiergen, On international correspondence between pupils (in der Zeitschrift. »School Reviews«, Chicago 1899); Markscheffel, Der internationale S. (Marb. 1903) und die Berichte der Leipziger Zentralstelle.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 18. Leipzig 1909, S. 63-64.
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