Sealsfield

[233] Sealsfield (spr. ßīlsfīld), Charles, mit seinem eigentlichen Namen Karl Anton Postl, Schriftsteller, geb. 3. März 1793 zu Poppitz bei Znaim in Mähren, gest. 26. Mai 1864 auf seinem Gut Unter den Tannen bei Solothurn, trat nach vollendeter Gymnasialbildung in den Kreuzherrenorden in Prag. entfloh aber im Herbst 1822 nach Nordamerika, wo er den Namen Charles S. annahm. 1826 nach Deutschland zurückgekehrt, veröffentlichte er hier ein Buch über die Vereinigten Staaten, wandte sich darauf nach England, wo von ihm die anonyme und überaus freimütige, daher in Österreich streng verbotene Schrift »Austria as it is« (Lond. 1828) erschien, begab sich 1827 wieder nach Amerika, bereiste die südwestlichen Staaten der Union und Texas und schrieb seinen ersten Roman: »Tokeah, or the white rose« (Philad. 1828, 2 Bde.). 1829–30 war er als Mitarbeiter an dem »Courrier des États-Unis« in New York tätig, lebte dann als Berichterstatter mehrerer Zeitungen in Paris und London und siedelte 1832 nach der Schweiz über, von wo aus er in der Folge noch dreimal Amerika besuchte. Erst in seinem Testament enthüllte er das Geheimnis seines Lebens. 1881 wurde ihm in Znaim ein Denkmal errichtet. Seine deutschen Schriften, als: »Transatlantische Reiseskizzen« (Zür. 1834, 2 Bde.), »Lebensbilder aus beiden Hemisphären« (das. 1835–37, 6 Bde.; 2. Aufl. u. d. T.: »Morton, oder die große Tour«, 1846), »Kajütenbuch, oder nationale Charakteristiken« (das. 1841, 2 Bde.), ferner die Romane: »Der Legitime und die Republikaner« (das. 1833, 3 Bde., eine Umarbeitung des »Tokeah«), »Der Virey und die Aristokraten« (das. 1834, 2 Bde.), »Die deutsch-amerikanischen Wahlverwandtschaften« (das. 1839–40, 5 Bde.) und »Süden und Norden« (das. 1842–43, 3 Bde.), fanden verdienten Anklang. S. erscheint darin als Schöpfer einer neuen Auffassung des historischen Romans, die auf unmittelbare Wiedergabe großer sozial er und historischer Bewegungen abzielt. Die Helden seiner Romane sind nicht einzelne Personen, sondern Völker in ihrem öffentlichen und Privatleben, in ihren materiellen, politischen und religiösen Beziehungen. Namentlich sein »Virey«, eine Schilderung der mexikanischen Zustände um das Jahr 1811, muß als ein Meisterstück bezeichnet werden. Dabei zeichnen sich diese Dichtungen durch treffliche Charakterzeichnung, geistvollen, dramatischen Dialog und unübertreffliche Schilderungen aus, über welchen Vorzügen man eine gewisse Nachlässigkeit in der Ausführung und gelegentliche Manieriertheit des Stils wohl übersehen kann. Aus seinem Nachlaß trat die Erzählung »Die Grabesschuld« (hrsg. von A. Meißner, Leipz. 1873) hervor. Seine »Gesammelten Werke« erschienen in 3. Auflage Stuttgart 1845–46, 15 Bde. Vgl. Kertbény, Erinnerungen an Charles S. (Leipz. 1864); Hamburger, S.-Postl, bisher unveröffentlichte Briefe etc. (Wien 1879); Faust, Charles S., der Dichter beider Hemisphären (Weim. 1897).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 18. Leipzig 1909, S. 233.
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