Spelz

[712] Spelz (Spelt, Dinkel, Dinkelweizen, Triticum sativum Spelta L.), Weizenart mit vierseitiger, wenig zusammengedrückter, lockerer Ähre, meist vierblütigen Ährchen und breit-eiförmigen, abgeschnittenen, zweizähnigen Deckspelzen, begrannt, wehrlos, behaart und kahlährig, gibt beim Dreschen nicht Körner, sondern nur die von der Spindel abgesprungenen Ährchen (Vesen). Der S., aus Mesopotamien und Persien stammend, wurde schon von den alten Ägyptern kultiviert und ist die Zea der Römer, wird auch seit alter Zeit in Schwaben und der Schweiz als Brotfrucht gebaut (der Lech scheidet ziemlich scharf das Roggen- vom Spelzland). Während im übrigen Deutschland Roggen die Hauptbrotfrucht ist, nimmt der S. in 105 Bezirken Süddeutschlands über 50 Proz. der für Brotfruchtbau verwandten Ackerfläche ein. Das Dinkelgebiet fällt zusammen mit dem Gebiete des schwäbisch alemannischen Stammes und man muß annehmen, daß der S. mit den Alemannen nach Südwestdeutschland gekommen sei. Keltische und germanische Völker scheinen diese Getreideart in Kultur genommen zu haben, und durch die Germanen sind die Römer mit dem S. bekannt geworden. Die Spelzkultur ist aber überall zurückgegangen und jetzt nur noch in Nordspanien von Bedeutung. Vor dem Nacktweizen besitzt der S. Vorzüge nur auf geringem Boden, bei kleinem Besitz und mittelmäßiger Kultur. Die Vesen erfordern besondere Mahleinrichtungen, und das Spelzbrot bekommt schon am dritten Tage Risse. Aus dem unreifen Korn wird Grünkern (s. d.) hergestellt. Der S. enthält im Mittel 11,84 Proz. eiweißartige Körper, 1,85 Fett, 68,22 stickstofffreie Extraktstoffe, 2,65 Holzfaser, 2,07 Asche und 13,37 Proz. Wasser. Das Amelkorn (Gerstendinkel, Reisdinkel, Zweikorn, Emmer, Ammer, Sommerspelz, T. sativum dicoccum Schrk.), mit zusammen gedrückter, dichter Ähre, zweizeilig stehenden, meist vierblütigen Ährchen mit zwei Körnern und zwei Grannen und schief abgeschnittenen, an der Spitze mit einem eingebogenen Zahn, auf dem Rücken mit hervortretendem Kiel versehenen Deckspelzen, wird im Spelzgebiet und in Südeuropa seit alters her (Pfahlbauten von Robenhausen) hauptsächlich als Sommerfrucht gebaut, liefert vortreffliche Graupen und vorzügliches Pferdefutter, aber rissiges Gebäck, wird auch zur Stärkefabrikation benutzt. Das Einkorn (Peterskorn, Blicken, Pferdedinkel, in Thüringen Dinkel, T. monococcum L.). mit dichter, leicht zerbrechlicher Ähre, meist dreiblütigen, reif nur einkörnigen, eingrannigen Ährchen und an der Spitze mit einem geraden, zahnförmigen Ende des Kiels und zwei seitlichen geraden Zähnen versehenen Deckspelzen, wächst wild von Achaia durch Thessalien, Serbien, Kleinasien, die Krim und die Kaukasusländer bis Mesopotamien, wird am meisten kultiviert in Spanien, selten in Frankreich, Deutschland (besonders in Württemberg und Thüringen) und in der Schweiz, im Gebirge auf magerm Goden, gibt dort nur das dritte Korn und wird als Pferdefutter, zu Graupen und Gries, seltener zu Brot verwertet. S. Tafel »Getreide I«, Fig. 5, 6 u. 7. Einkorn ist das in der Bibel vorkommende Kussemeth, aus dem Syrer und Araber ihr Brot machten. In den Pfahlbauten der Steinzeit und bei Hissarlyk (Troja) hat man Früchte gefunden. Vgl. Stoll, Der S., seine Geschichte, Kultur und Züchtung (Berl. 1902).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 18. Leipzig 1909, S. 712.
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