Vicāri

[134] Vicāri, Hermann von, Erzbischof von Freiburg, geb. 13. Mai 1773 zu Aulendorf in Württemberg, gest. 14. April 1868 in Freiburg, studierte in Wien die Rechte, dann in Konstanz Theologie, ward 1797 Priester und erhielt das Kanonikat zu St. Johann in Konstanz. 1802 von Karl Theodor v. Dalberg zum Beisitzer beim bischöflichen Regierungskollegium, bald darauf zum geistlichen Regierungsrat und 1806 zum Offizial der bischöflichen Kurie ernannt, kam V. 1827 als Generalvikar an das Domkapitel in Freiburg, wurde 1830 Domdekan, im April 1832 Weihbischof und Vikar des Erzbischofs. 1836 Verweser des Erzbistums und 1842 Erzbischof geworden, vertrat V., bisher gemäßigt und zurückhaltend, fortan, namentlich seit 1848, ultramontane Bestrebungen, um der Kirche völlige Freiheit und die Herrschaft über den Staat zu verschaffen. Nachdem er sich den Klerus der Diözese völlig unterworfen, ging er im Verein mit seinen Suffraganen aggressiv gegen die Staatsgesetze vor, indem er ihre Befolgung in Ehesachen, bei Besetzung der Pfründen, Prüfung der Geistlichkeit etc. als mit den Rechten der Kirche unvereinbar verbot, staatstreue Geistliche und Beamte bestrafte und das Kirchenvermögen in seine Gewalt brachte. Vom 22.–31. Mai 1854 war er wegen Ungehorsams gegen die Staatsgesetze verhaftet. Doch gab schließlich die Regierung nach und schloß 1859 das Konkordat mit dem päpstlichen Stuhl, das Vicaris meiste Forderungen zugestand. Gegen die nach dessen Aufhebung erlassenen Kirchengesetze von 1860 erhob V. Protest. Doch unterlag er in dem Schulstreit und raubte durch seine Haltung der Geistlichkeit jeden Einfluß auf die Volksschule.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 20. Leipzig 1909, S. 134.
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