Wüllner

[765] Wüllner, 1) Franz, Komponist, geb. 28. Jan. 1832 zu Münster in Westfalen, gest. 7. Sept. 1902 in Braunfels an der Lahn, genoß den ersten Unterricht im Klavierspiel und in der Kompositionslehre in seiner Vaterstadt, setzte dann seine Studien in Frankfurt a. M. bei A. Schindler und F. Keßler, später in Berlin, Brüssel und München fort, wurde hier 1856 Lehrer für Klavierspiel am Konservatorium, 1858 städtischer Musikdirektor in Aachen, kehrte aber 1865 als Kapellmeister der königlichen Vokalkapelle nach München zurück, wo er 1867 auch Leiter der Chorgesangklassen an der königlichen Musikschule wurde und 1868 die Konzerte der Vokalkapelle gründete. Im Herbst 1870 wurde er zum ersten Hofkapellmeister und zum Professor und Inspektor der königlichen Musikschule ernannt, 1877 folgte er einem Ruf als königlicher Kapellmeister und artistischer Direktor des Konservatoriums nach Dresden, von wo er, 1882 von der Direktion der Oper zurückgetreten, 1884 als Direktor des Konservatoriums und städtischer Kapellmeister nach Köln berufen wurde. 1890 wurde er zum Mitglied der Berliner Akademie erwählt. Als Komponist hat sich W. mit Klavierstücken, Sonaten, Liedern sowie mit größern kirchlichen und weltlichen Chorwerken in den weitesten Kreisen vorteilhaft bekannt gemacht. Seine Kantate »Heinrich der Finkler« (für Männerchor, Soli und Orchester) wurde 1864 von der Aachener Liedertafel preisgekrönt. Seine »Chorgesangschule« (Münch. 1876–77) gehört zu den besten Studienwerken der Neuzeit. – Sein Sohn Ludwig, geb. 19. Aug. 1858 in Münster, studierte in München, Berlin und Straßburg Germanistik und war 1884–87 Dozent an der Akademie in Münster, wurde dann noch Schüler des Kölner Konservatoriums, gehörte mehrere Jahre dem Meininger Hoftheater als Schauspieler an (bis 1895) und trat sei 11896 trotz beschränkter Stimmittel mit außerordentlichem Erfolg als Rezitator und Liedersänger auf.

2) Adolf, Physiker, geb. 13. Juni 1835 in Düsseldorf, studierte in Bonn, München und Berlin Physik, habilitierte sich 1858 als Privatdozent in Marburg, ging 1862 als Direktor der Provinzialgewerbeschule nach Aachen, übernahm 1865 die Lehrstelle für Physik an der landwirtschaftlichen Akademie in Poppelsdorf und erhielt 1867 daneben eine außerordentliche Professur an der Universität in Bonn. 1869 wurde er Professor an der Technischen Hochschule in Aachen. Wüllners erste Arbeiten beschäftigten sich mit der Spannung der Dämpfe von Salzlösungen und von Flüssigkeitsgemischen, spätere mit den spezifischen Wärmen der allotropen Modifikationen mehrerer Körper, den spezifischen Wärmen der Flüssigkeiten und Gase. Letztere dienten gleichzeitig dazu, die aus der dynamischen Gastheorie sich ergebenden Werte für die Wärmeleitung der Gase mit den experimentell gefundenen Werten zu vergleichen. Er untersuchte auch die Beziehung der Brechung des Lichtes zur Dichtigkeit der Körper, dann aber vorzugsweise die Spektren der Gase; auch arbeitete er über die Influenz auf nichtleitende Körper und zeigte, daß man für die festen Körper die Anschauungen Faradays über die dielektrische Polarisation annehmen müsse. Er schrieb: »Lehrbuch der Experimentalphysik« (Leipz. 1862–65, 2 Bde.; 5. Aufl. 1895–99, 4 Bde.; 6. Aufl. mit Hagenbach, 1907 ff.); »Einleitung in die Dioptrik des Auges« (das. 1866); »Kompendium der Physik« (das. 1879, 2 Bde.).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 20. Leipzig 1909, S. 765.
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