Willems

[650] Willems, 1) Jan Frans, fläm. Philolog, Geschichtsforscher und Dichter, der »Vater der Vlamingen« genannt, geb. 11. März 1793 in Bouchout unweit Antwerpen, gest. 24. Juni 1846 in Gent, ward früh schon durch die Rederijkerkammer in Lier zum Dichten angeregt, kam 1809 in die Schreibstube eines Notars in Antwerpen und gewann bereits 1811 den Preis, der in Gent zur Verherrlichung der Schlacht bei Friedland und des Tilsiter Friedens ausgeschrieben worden war. Mit seinem Gedicht »Aen de Belgen«[650] (Antwerp. 1818) schloß er sich an die damals unpopuläre niederländische Regierung an und fand daher in Holland den größten Beifall, wo er namentlich infolge seiner Abhandlung »Over de nederduitsche taalen letterkunde« (das. 1819–20, 2 Bde.) zum Mitgliede des königlichen Instituts von Amsterdam und der 1826 gegründeten historischen Kommission ernannt wurde. Nach der Lostrennung Belgiens (1831) als untergeordneter Finanzbeamter nach Eecloo versetzt, beschäftigte er sich hier vorzugsweise mit dem niederdeutschen Texte des »Reineke Fuchs« (»Reinaert de Vos«), dessen flämischen Ursprung er nachwies, und den er 1836 mit Anmerkungen veröffentlichte, nachdem er (Eecloo 1834) schon eine Übersetzung des Gedichtes in neuniederländischer Sprache herausgegeben hatte. Mit der Herausgabe dieses Werkes verband er wiederum einen Ausruf an die Vlamingen, für die Sache ihrer Sprache unausgesetzt tätig zu sein, und hiervon datiert eigentlich der Aufschwung der flämischen Sprachbewegung. 1835 kam W. als Einnehmer nach Gent, wo er 1836 das »Belgische Museum« gründete, die »Rymkronyk van Jan van Heelu« (Brüss. 1836), »Van den derden Edewaert, rymkronyk geschreven door J. de Klerc van Antwerpen« (Gent 1840) und »De brabantsche Yeesten« (Brüss. 1839 bis 1843) herausgab und sich eifrig an der 1836 eingesetzten Kommission für flämische Rechtschreibung beteiligte, aber das Erscheinen seiner Sammlung »Ältflämischer Lieder« (»Oude vlaemsche liederen«, Gent 1848) nicht mehr erlebte. Sein »Nachlaß« erschien Gent 1856, ebenda seine »Brieven« (1874) und eine »Keus van dicht-en prozawerken van J. F. W.« (1875, 2 Bde.). Sein Leben beschrieben Snellaert (Gent 1847), Max Rooses (Antwerp. 1874) und Bouchery (das. 1876). Vgl. Rooses, Vuylsteke und Bergmann, Jan Frans W. (Veröffentlichung des Willemsfonds, Gent 1893).

2) Florent, belg. Maler, geb. 8. Jan. 1823 in Lüttich, studierte auf der Akademie in Mecheln, bildete sich aber zumeist nach alten niederländischen Meistern, besonders nach Terborch, Netscher, Metsu etc., zu einem Genremaler aus, der das Hauptgewicht auf die Eleganz der malerischen Darstellung und die sorgsame Nachbildung der Stoffe, besonders der weißen Atlasroben, legt. 1844 stellte er im Pariser Salon den Besuch bei der Wöchnerin aus und erhielt eine Medaille dritter Klasse, ein Erfolg, der zu seiner Übersiedelung nach Paris beitrug. Das Stelldichein und die Wasserfahrt wurden 1846 durch eine Medaille zweiter Klasse ausgezeichnet. Auch später bewegte sich W. fast ausschließlich in dem sogen. Kostümgenre, zu dem er die Figuren zumeist dem 17. Jahrh. entlehnte. Fünf seiner Werke (die Brautschmückung, das Fest bei der Herzogin, das Fest der Großeltern, der Liebhaber von Stichen, die Witwe) besitzt das Moderne Museum in Brüssel. Außerdem sind zu nennen: der Besuch, ein Verkaufslokal, der Besuch Marias von Medici bei Rubens, der Waffenschmied, die Toilette, die Vorstellung des Zukünftigen, die Unschuld, der Handkuß, der Verlobungsring.

3) Pierre Gaspard Hubert, belg. Historiker, geb. 6. Jan. 1840 in Maastricht, gest. 23. Febr. 1898 in Löwen, wo er seit 1865 als Professor wirkte und 1872 Mitglied der Akademie wurde. Er schrieb: »Nederlandsche gedichten« (Löwen 1869); »Le droit public romain depuis la fondation de Rome jusqu'à Constantin« (das. 1870, 6. Aufl. 1888; russ., Kiew 1888–90, 2 Bde.); »Le Sénat de la République romaine« (Löwen 1878–85, 3 Bde., preisgekrönt) u. a.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 20. Leipzig 1909, S. 650-651.
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