Dritte Familie: Schnepfenvögel (Scolopacidae)

[276] Die dritte Familie, etwa einhundertundzwanzig, über alle Erdtheile und Gürtel verbreitete Arten umfassend, ist die der Schnepfenvögel (Scolopacidae). Sie kennzeichnender walzenförmige Rumpf, der stark gewölbte, mittelgroße Kopf, der lange, dünne, an den Schneiden stumpfe und ungezahnte, schwache, nicht selten weiche und biegsame, meist mit nervenreicher Haut überzogene Schnabel, der schwache, schlanke, gewöhnlich hohe Fuß, welcher drei vorwärts gerichtete Zehen und in der Regel auch eine kleine, kurze, höher gestellte Hinterzehe hat, bei einigen Arten kurze Schwimmhäute, bei anderen Hautlappen an den Seiten der Zehen trägt, der mittellange, spitzige Flügel, dessen hinterer Rand mehr oder weniger sichelförmig ausgeschnitten ist, und welcher vor der ersten großen Schwungfeder noch ein kleines schmales Federchen, eine verkümmerte Schwinge, trägt, sowie endlich der kurze, aus zwölf bis sechsundzwanzig Steuerfedern gebildete Schwanz. Das hinsichtlich seiner Dichtigkeit und Färbung vielfach abändernde Gefieder ist nach dem Geschlechte wenig, nach dem Alter und der Jahreszeit bei vielen sehr verschieden.

Alle dieser Familie angehörigen Vögel bewohnen feuchte und sumpfige Orte, die Ufer der Gewässer und die Seeküste, leben im Sommer paarweise, wenn auch oft noch in Vereinen, während des Herbstes und Winters in großen und in gemischten Gesellschaften, scheinen sich gegenseitig zugethan zu sein, verkehren mindestens gern mit einander, und fressen Kerbthiere, deren Larven, [276] Würmer, Schal- und Krebsthierchen, einzelne wohl auch Sämereien. Bei fast allen Arten betheiligen sich beide Geschlechter am Fortpflanzungsgeschäfte, bauen gemeinschaftlich an dem sehr verschiedenen, meist jedoch auf dem Boden stehenden Neste, bebrüten auch abwechselnd die vier birnförmigen, erdfarbenen Eier und führen die flaumigen Jungen, welche das Nest sehr bald verlassen, bis diese selbst im Stande sind, sich Nahrung zu suchen. Alle bei uns wohnenden Arten gehören zu den Zugvögeln; die unter niederen Breiten lebenden sind Strichvögel.

Quelle:
Brehms Thierleben. Allgemeine Kunde des Thierreichs, Sechster Band, Zweite Abtheilung: Vögel, Dritter Band: Scharrvögel, Kurzflügler, Stelzvögel, Zahnschnäbler, Seeflieger, Ruderfüßler, Taucher. Leipzig: Verlag des Bibliographischen Instituts, 1882., S. 276-277.
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