Ölsäure

[284] Ölsäure (Oleīnsäure, Elaïnsäure), C36H33O3, HO, findet sich im Fett der meisten Thiere u. in den meisten Pflanzenölen, vielleicht mit Ausnahme der trocknenden Öle. Man erhält sie am besten durch Verseifen von fetten Ölen u. Ausziehen dieser Ölseifen mit kaltem absolutem Alkohol; dieser löst das ölsaure Kali auf u. läßt das margarinsaure Salz größtentheils ungelöst; die Ölseife wird dann mit essigsaurem Bleioxyd gefällt der Niederschlag getrocknet u. durch kochenden Äther das ölsaure Bleioxyd ausgezogen, welches mit kohlensauren Alkalien zersetzt wird, worauf die Ö. durch Zerlegen des ölsauren Alkalis mit Schwefelsäure abgeschieden wird. In diesem Zustande ist sie nicht rein, sondern enthält immer Zersetzungsproducte, weil sie sich an der Luft außerordentlich leicht oxydirt; bei gewöhnlicher Temperatur absorbirt sie etwa ihr 20faches Volumen Sauerstoff, ohne Kohlensäure zu entwickeln. Um die Ö. zu reinigen, wird sie mit überschüssigem Ammoniak versetzt u. durch Chlorbarium gefällt, der Niederschlag von ölsaurem Baryt wird wiederholt in kochendem Weingeist gelöst, aus dem er sich in weißen Krystallschuppen abscheidet, welche durch Weinsäure zerlegt werden. In völlig reinem Zustand ist die Ö. farblos, ohne Geruch u. Geschmack, nimmt an der Luft schnell Sauerstoff auf u. wird gelb u. ranzig; bei – 4° ist sie fest, aus Alkohol krystallisirt sie zuweilen in Nadeln, welche bei + 14° schmelzen; in ganz reinem Zustand reagirt sie nicht sauer; in Wasser ist sie wenig, in Alkohol u. Äther leicht löslich. Die O. verbindet sich mit Basen zu sauren u. basischen Ölsauren Salzen; dieselben sind gewöhnlich weich, schmierig, schwer krystallisirbar;[284] die neutralen Alkalisalze sind in Wasser löslich u. werden durch Zusatz von anderen Salzen nur unvollkommen daraus abgeschieden. Ölsaures Bleioxyd ist ein weißes Pulver, welches bei 80° zu einer gelben Flüssigkeit schmilzt. Ölsaures Lipyloxyd ist das Oleïn (Elaïn, s.d.). Bei der trockenen Destillation wird die Ö. größtentheils zersetzt, es bildet sich die sogenannte Brenzolsäure (Fettsäure, s.d.), Caprinsäure u. Caprylsäure, Kohlensäure u. ein eigenthümlicher Kohlenwasserstoff. Wenn man ölsauren Kalk der trockenen Destillation unterwirst, so geht eine ölige Flüssigkeit, Oleon, über, während kohlensaurer Kalk zurückbleibt. Wird salpeterige Säure in Ö. geleitet, so verwandelt sie sich in eine feste blätterige Masse, welche aus Elaïdinsäure besteht; Olinsäure, die Ö. der trocknenden Öle, gibt diese Substanz nicht, daher kann man die trocknenden Öle leicht aus einer Beimischung von nicht trocknenden durch Anwendung von salpeteriger Säure untersuchen, s.u. Öle E). Bei höherer Temperatur der Einwirkung von Sauerstoff ausgesetzt, wird die O. schnell ranzig, leichter schmelzbar u. erstarrt in der Kälte nicht mehr vollständig, ihre Zusammensetzung ist dann C34H33O5; sie gibt bei der trockenen Destillation viel Caprinsäure u. Caprylsäure, aber wenig od. keine Fettsäure. Mit Salpetersäure anhaltend behandelt, liefert die Ö. eine Reihe homologer Säuren, nämlich: Lipinsäure = C10H8O8, Adipinsäure = C12H10O8, Pimelinsäure = C14H12O8 u. Korksäure = C16H14O8; außerdem bildet sich hierbei die Azoleïnsäure (Önanthsäure), C20H18O10. Wenn Ö. mit rauchender Salpetersäure zersetzt wird, so bilden sich flüchtige Fettsäuren, nämlich: Essigsäure, Metacetonsäure, Buttersäure, Baldriansäure, Capronsäure, Önanthsäure, Caprylsäure u. Pelargonsäure. Mit Schwefelsäure bildet die Ö. eine gepaarte Säure, welche durch Wasser in Metoleïnsäure (Lipinsäure nach Berzelius), Hydroleïnsäure (Paralipinsäure nach Berzelius) u. Schwefelsäure zerfällt; diese beiden Säuren unterscheiden sich nur im Wassergehalt von der Ö., bei der trockenen Destillation geben sie Kohlensäure, Kohlenoxydgas u. zwei dem ölbildenden Gas polymere ölige Kohlenwasserstoffe: Oleen, C3H3, u. Elaen, C4H4; das Oleen siedet bei 55°, das Elaen bei 110°. Die Ö. dertrochnenden Öle ist die Olinsäure (Leinölsäure); sie unterscheidet sich von der Ö. der nicht trocknenden Öle dadurch, daß sie bei der Einwirkung von salpeteriger Säure keine Elaïdinsäure bildet, also nicht erstarrt. Ihre Zusammensetzung u. Eigenschaften sind noch nicht genau erforscht. Durch Salpetersäure erhält man aus ihr nur Korksäure u. Pimelinsäure. In den Ölen ist diese Säure an Lipyloxyd gebunden, als Olin enthalten.

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Pierer's Universal-Lexikon, Band 12. Altenburg 1861, S. 284-285.
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