Convertiten

[421] Convertiten (v. lat.), Personen, die von einer Religion, bes. aber die von einer Confession od. christlichen Kirchengemeinschaft zur anderen übertreten. Die Übertritte sind gegenseitig sehr häufig, haben aber nur dann ein allgemeines Interesse, wenn bedeutende Persönlichkeiten dabei betheiligt u. eigenthümliche Umstände dabei vorgekommen waren; so: die Königin Christine von Schweden 1654, Leop. Graf von Stollberg 1800, Fr. Schlegel 1801, Ad. Müller 1805, Zach. Werner 1811, Ludw. von Haller 1820, Antistes Hurter in Schaffhausen 1844, Gräfin Hahn-Hahn 1850, Professor Gfrörer in Freiburg 1853 etc., welche von der Protestantischen Kirche zur Katholischen übertraten. Conversionen von der Katholischen zur Protestantischen Kirche erfolgten, namentlich in neuerer Zeit, nicht allein in größeren Massen, sondern auch von vielen Personen von hervorragendem Stand u. wissenschaftlicher Bildung; so traten über: Bruitte, katholischer Pfarrer in Frankreich, 1843, Widmann, Professor in Wien, 1843, Hovarik, Priester in Ungarn, 1845, Bonifacius Huber, Benedictinermönch in Augsburg, 1848, Augustin Smetana in Böhmen, Priester u. Mitglied des Kreuzherrenordens, Sramek, Weltpriester daselbst, 1850, Nowotny, Weltpriester der Diöcese Königingrätz, 1851; Gräfin Josephine Wratislaw von Miitrowitz aus Böhmen 1847, Gräfin von Schimmelmann, geb. von Lützerode, in Holstein 1852 etc. Auch ganze Gemeinden wechselten ihre Confession, z.B. 1823 in Mühlhausen in Baden, Charbonniere bei Lyon, 1837 zwei Gemeinden in der Normandie in Frankreich, die Zillerthaler in Tyrol, welche sämmtlich zum Protestantismus übertraten; in Weiß-Rußland u. Litthauen erklärte 1839 in der Unirten griechischen Kirche der höhere u. niedere Clerus den Rücktritt zu der Russischen Kirche. In mehreren Staaten gibt es für den Confessionswechsel gesetzliche Bestimmungen; am ausführlichsten sind darüber die österreichischen Gesetze; nach dem preußischen Landrecht darf Niemand vor zurückgelegtem 14. u. im Königreich Sachsen 21. Lebensjahr seinen Glauben wechseln. Das Anbringen geschieht bei dem Geistlichen der bisherigen Confession, der nach nöthiger Belehrung u. nach Verlauf einer vierwöchentlichen Bedenkzeit dem Beharrenden ein schriftliches Entlassungszeugniß auszustellen hat, ohne welches kein Geistlicher einen Übertritt zu seiner Kirche gestatten darf. In Bezug auf die Formulare, die bei dem kirchlichen Aufnahme- u. Verpflichtungsacte eines C. in Gebrauch sind, findet allenthalben eine große Verschiedenheit statt; den C. von der Protestantischen zur Katholischen Kirche ist im römischen Pontificale nicht blos ein Bekenntniß, sondern ein Convertiteneid, d.h. eine Abschwörung (Professio et abjuratio) der zeitherigen Häresis u. ein Anathema gegen die vormaligen Glaubensgenossen zur Pflicht gemacht, wenngleich die strengere od. gelindere Form der Willkühr des betheiligten Priesters überlassen bleibt. Einzelne Formulare, die im 17. u. 18. Jahrh. von den Jesuiten in Böhmen, Ungarn u. Deutschland in Anwendung gebracht wurden, enthielten zugleich eine Verfluchung gegen die Eltern, gegen die Lehrer, ja gegen den C. selbst u. ein Gelübde, heimlich u. offen, durch Wort u. That die abgeschworene Lehre zu verfolgen. Vgl. Fr. Wilh. Phil. v. Ammon, Gallerie denkwürdiger Personen, welche im 16., 17. u. 18. Jahrh. von der Evangelischen zur Katholischen Kirche übergetreten sind, Erl. 1833; Hönninghaus, Chronologisches Verzeichniß der denkwürdigen Bekehrung von Protestanten zur Katholischen Kirche, Aschaffenb. 1837; Soldan, Dreißig Jahre des Proselytismus in Sachsen u. Braunschweig, Lpz. 1845; Darstellung der Bekehrungen zur Katholischen Kirche seit dem 19. Jahrh. nach Abbé Rohrbacher, Schaffh. 1844, 2 Thle.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 4. Altenburg 1858, S. 421.
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