Hyacinthe

[650] Hyacinthe, 1) die Pflanzengattung Hyacinthus. aus der Familie der Liliaceae-Asphodeleae-Hyacintheae; 2) bes. H. orientalis, aus Klein-. u. Mittelasien u. Südafrika, schöne Blume, von den Holländern zuerst verpflanzt u. durch Cultur sehr veredelt; einfach u. gefüllt; blüht in Gärten im Freien Ende Aprils, weiß, roth, blau, gelb, weiß od. gelb mit andersfarbigen Augen, rosenroth, fleischroth, schwärzlich, purpurblau, dunkelblau, hell od. porzellanblau u. achatblau. Schöne große gefüllte Varietäten sind z.B.: Globe terrestre, Monarque du monde, Velour pourpre, Château de Rome, Perruque quarrée, Diana von Ephesus, Gloria solis, Cathérine la victorieuse. Diese lassen sich jedoch nicht, od. erst spät treiben u. man darf sie erst im Februar u. März in eine Wärme von 10° bringen, dahingegen man die weniger gefüllten u. einfachen, bes. einige kleinere Sorten, schon im December in der Blüthe haben kann, wie z.B. Vroege impériale, Premier noble u.a. Andere größere Varietäten sind wenigstens schon im Januar zur Blüthe zu bringen, wie z.B. die thyrsusartig gebaute, oft aus 50–70 dicht zusammengedrängten Blüthenglocken bestehende, schönrothe Aimable rosette, Jolie blanche (blendend weiß), Henri le Grand (hellblau), Impériale major, Vroege Gallas etc. Zuweilen im Januar, gewisser aber im Februar u. März, lassen sich, endlich auch die mäßig gefüllten, Pastor fido, Bleu foncé, Gloire de Berlin, Aimable tendresse etc., zur Blüthe bringen. Von einer schönen einfachen H. wird verlangt: ein starker, gerader Schaft von mittler Länge, 15–25 große Blüthen an kleinen Stielen, nicht abwärts hängend, um den Schaft so angereiht, daß die untern mit den obern eine wohlgestaltete Pyramide bilden; sie müssen groß, dick, zierlich gebogen, an der Mündung gut ausgebreitet, rein gefärbt, gedrängt u. horizontal gerichtet sein; sie dürfen weder allzuzeitig, noch allzuspät blühen. Bis Ende des vorigen Jahrh. wurden gefüllte H-n, als Dickköpfe, verworfen, bis Pet. Voorhelm in Harlem solche cultivirte u. sehr beliebt machte. Man verlangt von einer gefüllten H. einen starken, dicken, sich nicht niederlegenden Schaft, mit 15–50 Glocken, regelmäßige, starke Füllung u. ein nicht zu lockeres Blüthenbouquet. Die einfachen haben den Vorzug, zwei bis drei Wochen früher zu blühen, mehr Blumen zu tragen, u. eignen sich daher besser auf ein Hyacinthenbeet. Die Holländischen u. Harlemer H-n behaupten sich immer noch als die vorzüglichsten, u. es wird von dort aus mit den Zwiebeln ein bedeutender Handel getrieben. In früherer Zeit wurden in Holland einzelne vorzügliche Sorten mit 100, ja 1000 Fl. bezahlt, jetzt noch mit 10–100 Fl. Der Verkauf geschieht in Rummeln (100 Stück) zu 10–50 Fl. Sie blühen aber nur 1 Jahr schön u. verschlechtern sich dann von Jahr zu Jahr, weil die Holländer die zum Verkauf bestimmten Zwiebeln von Jahr zu Jahr in fettern Boden pflanzen, um sie dadurch schnell zur Größe zu treiben. In Holland wird für die beste Mischung des Bodens zur Hyacinthenzucht gehalten: 2/6 grauer od. halbschwarzer Sand, 3/6 Kuhmist u. 1/6 Gerberlohe, was zusammen ein bis zwei Jahre liegen bleibt. Die Hyacinthenzwiebeln sind alle von unregelmäßiger Form, meist auswärts mit purpurrother, häutiger Schale bedeckt, od. weiß. Sie werden von alten Zwiebeln erhalten u. zwar von einfachen u. gefüllten, wo man dann dieselben Sorten, wenn auch nicht von gleicher Güte, daraus bekommt. Man pflanzt sie, wenn sie leicht von alten Zwiebeln sich ablösen, auf ein besonderes Beet, od. läßt sie auch ein bis zwei Jahr unberührt in der Erde. Diese dauern etwa acht Jahr lang aus. Nach völligem Abblühen der H. u. Vergelben der Blätter, auch wohl erst im August[650] werden die Zwiebeln aus der Erde genommen, Schaft u. Blätter bis auf 1–2 Zoll Länge abgeschnitten, dann werden die Zwiebeln in Kästen od. ganz trockene Erde an lustige Örter auseinander gelegt, oft umgewendet, u. wenn sie gehörig Wurzeln u. Blätterhals an der Spitze abgeschnitten, die alte schwammige Haut vom Wurzelstiel abgelöst, die Zwiebeln von faulen Stellen befreit, dann von einander entfernt, auf Trockengerüste gelegt u. im October in das dazu vorbereitete Beet eingesetzt, indem man die Erde aus den Beeten 3–5 Zoll tief herauswirft, die Oberfläche ebnet, ohne sie zu betreten, u. die Zwiebeln daraufsetzt, ohne sie festzudrücken. Große Zwiebeln kommen 4–5 Zoll tief unter die Erde u. in den Reihen 5 Zoll auseinander, die spätesten Sorten etwas flacher u. junge Zwiebeln 3 Zoll tief. Man umgibt jede mit etwas reinem, weißem Sand, bringt die Erde wieder darüber, bedeckt im März die Beete 1–2 Zoll hoch mit alter Gerberlohe, bindet die Schäfte, wenn sich die Blumen entfalten, an Stäbchen u. begießt die Beete nach Sonnenuntergang so oft als nöthig. Für die drei bis fünf Wochen dauernde Hyacinthenflor ist die Abendseite die beste, nächstdem die Morgenseite. Man zieht die H. auch in Äschen auf Stellagen u. verwahrt sie dann durch Schirme gegen Regen u. Sonnenschein. Neue Sorten gewinnt man aus Samen von einfachen H-n. Man muß aber sich drei, vier, ja wohl fünf Jahre gedulden, ehe die Pflanze zur Blüthe kommt. Um im Winter H-n zu treiben, wozu man vorzugsweise einfache H-n aus Gärten bezieht, füllt man Blumengläser mit Wasser so weit, daß die dazu ausgewählte schöne runde Zwiebel auf die Öffnung des Glases gesetzt, mit ihrem untern Theil das Wasser erreicht. Regen- od. Flußwasser, nicht zu kalt, ist dazu am besten; wird es in der Folge trübe u. faul, so gießt man es, ohne die Zwiebel zu stören, doch darf das Abgießen u. Erneuern des Wassers nicht zu oft geschehen, weil dabei die Wurzeln zu leicht leiden. Die Gläser werden in der warmen Stube in die Fenster gesetzt u. des Nachts gegen den Frost verwahrt; will man sie schneller zur Blüthe bringen, so thut man etwas Salpeter in das Wasser. Die Zwiebel geht aber dadurch meist zu Grunde. Zu den frühesten Sorten bedarf es, wenn sie im December od. Januar blühen sollen, sechs Wochen Zeit. In den ersten sechs Wochen stellt man sie in eine Wärme von 10° u. erhöht diese allmälig bis 16°. Die, welche man erst im Februar zur Blüthe haben will, bedürfen nur vier Wochen, u. je mehr das Jahr vorrückt, desto weniger Zeit ist überhaupt zum Treiben nöthig. Die gefährlisten Krankheiten der H. sind: der Schwarze u. Weiße Rotz. Erster zeigt sich Anfangs Mai, die Blätter sinken nieder, sie lassen sich leicht herausziehen u. riechen übel; letzter zeigt sich während der Ruhezeit der Zwiebel zwischen den Schuppen od. Häuten. Vgl. J. G. v. Reider, Anleitung zur Hyacinthenzucht, Nürnb. 1826.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 8. Altenburg 1859, S. 650-651.
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