Kirchweihe

[535] Kirchweihe, 1) Einweihung einer neuen od. restaurirten Kirche. A) In der Katholischen Kirche ein Gebrauch, dem gemäß ein Kirchengebäude zur Abhaltung des öffentlichen Gottesdienstes mit einem eignen Ritus bestimmt wird, welcher entweder von einem Bischofe (eigentliche K., Consecratio) od. von einem Priester vollzogen wird (Einsegnung, Benedictio). Die K. war schon in der ältesten Kirche gebräuchlich u. wurde feierlich unter Beisein mehrerer Bischöfe von einem derselben verrichtet; jetzt bildet sie ein ausschließliches bischöfliches Recht, u. kann auch die Benediction durch einen Priester nur mit bischöflicher Erlaubniß geschehen. Der Ritus dabei ist nach dem Pontificale romanum folgender: Den Tag vor der Weihe bringt der Bischof, der sie vornimmt, mit denen, welche sie begehen, in Enthaltsamkeit zu, verschließt die Überreste eines od. mehreren Heiligen in den zu weihenden Altar außerhalb des kirchlichen Gebäudes u. hält davor die Vigilien. Einer od. mehrere Heiligen werden zu Kirchenpatronen (Schutzheiligen der Kirche) auserwählt, welche Bestimmung man gewöhnlich dem Gründer anheimstellt, u. von diesen Heiligen wird meist der Kirche der Name gegeben, wo nicht von besonderen merkwürdigen kirchlichen Ereignissen, wie zur Kreuzeserfindung, Kreuzeserhöhung, zur Dreifaltigkeit, zum Heiligen Geiste etc. Am wirklichen Kirchweihtag beginnt die Ceremonie mit dreimaligem feierlichem Umgange um die Kirche unter Gesang u. Gebet, wobei Wände u. Kirchhof mit Weihwasser besprengt werden; der Bischof pocht bei jedem Umgang mit dem Virtenstabe an die Thüre, indem er als Hirt u. Herr des neuen Hauses Einlaß fordert u., nachdem beim dritten Male vor dem Kreuzzeichen die Thüren sich geöffnet haben, betritt er mit der Geistlichkeit allein die zu weihende Kirche, kniet in der Mitte nieder, stimmt den Hymnus Veni creator an u. schreibt in die zu diesem Zweck auf dem Boden hingestreute Asche das griechische u. lateinische Alphabet, zum Zeichen der Vereinigung der Orientalischen u. Occidentalischen Kirchen in Christo, segnet das Innere des Gebäudes ein, salbt mit dem Chrisam die an den Wänden gemalten Kreuzesbilder u. weiht darauf den Altar, nachdem die Reliquien; die darin verwahrt werden sollen, feierlich abgeholt wurden; dann wird das Volk in die Kirche eingeführt u. schließlich an dem Hochaltar die Messe vom Bischofe gefeiert. Diese Feier der K. soll die ganze Octave, d.i. die folgenden 8 Tage, hindurch gehalten werden, u. der Gottesdienst sich während der Zeit auf sie beziehen. B) In der Evangelischen Kirche weihet man zwar auch die Kirchen, aber nur durch einen feierlichen Gottesdienst, bei denen der Superintendent den Weiheact vollzieht. 2) (Encaenia), die jährlich wiederkehrende Erinnerungsfeier der Kircheinweihung, wird seit dem 9. Jahrh. gefeiert. Das Kirchweihfest (Kirchmesse, Kirmeß, Kirmiß) wird bes. auf dem Platten Lande mehrere Tage lang gefeiert; am ersten Tage ist ein darauf bezüglicher Gottesdienst, die folgenden weltliche Vergnügungen. Damit dieses Fest die ländlichen Arbeiten nicht störe, so fällt das Kirchweihfest nicht an den Weihetag selbst, sondern alle K-n eines Landstrichs zu einer bestimmten Zeit, an manchen Orten in das Frühjahr nach der Bestellung der Felder, z.B. in Thüringen, an anderen Orten im Herbst nach Beendigung der Feldarbeit, z.B. im Osterlande. Über das jüdische Fest; das diesem wohl zur Norm diente, s.u. Tempelweihe. 3) (Kalenderw.), so v.w. Lichtmeß.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 9. Altenburg 1860, S. 535.
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