L'Estocq

[306] L'Estocq (spr. Lestock), 1) Johann Hermann, Graf von L., geb. 1692 in Celle, der Sohn eines französischen Refugiés; war Anfangs Barbier u. kam 1713 nach Petersburg, wo er Wundarzt bei Peter dem Großen wurde, der ihn aber einiger losen Streiche wegen nach Kasan schickte; nach der Thronbesteigung Katharinens I. kehrte er zurück. Als Leibchirurg der Prinzessin Elisabeth versuchte er derselben 1730, nach Peters Tode, den Thron zu verschaffen; aber erst 1740, als der minderjährige Iwan unter Vormundschaft seiner Mutter regierte, gelang es durch die Unterstützung der preobratschenskoischen Garde. Elisabeth ernannte ihn nun zum wirklichen Geheimen Rath, ersten Leibarzt u. Generaldirector der medicinischen Kanzlei. Kaiser Karl VII. ertheilte ihm die freiherrliche u. später der König von Polen die gräfliche Würde, u. seit dieser Zeit gingen fast alle wichtigen Angelegenheiten durch seine Hände. 1748 wurde er jedoch der Kaiserin verdächtig gemacht, indem er zu sehr an Peter III. hängen sollte. Er wurde 1753 zum Tode verurtheilt, aber durch Elisabeth zur Verbannung nach Uglitsch u. später nach Ustjuk-Weliki begnadigt u. seine Güter confiscirt. Peter III. rief ihn 1763 zurück u. gab ihm seine Güter wieder; auch Katharina II. ließ ihm seinen Gehalt, entfernte ihn jedoch von den Geschäften; er st. 1767. 2) Anton Wilhelm von L., geb. 1738 in Hannover, trat früh in preußische Dienste, machte den Siebenjährigen Krieg zum Theil als Ziethens Adjutant u. den Feldzug nach Holland 1787 als Major mit, zeichnete sich 1793 bei Kaiserslautern u. Trippstadt aus, wurde 1789 General u. 1803 Generalinspector der preußischen Towarczys, 1805 Generallieutenant u. erhielt 1806 den Oberbefehl über die ostpreußische Division, mit der er zur russischen Armee stieß, folgte deren Bewegungen u. bestand die Gefechte von Biezau u. Soldau. In der Schlacht von Eilau trug er das Meiste dazu bei, die Schlacht zum Stehen zu bringen, indem er das Corps des Marschalls Davoust, das den Russen in den Rücken kommen sollte, aufhielt u. die Franzosen hinderte, den Russen eine völlige Niederlage beizubringen. Nach dem Frieden ernannte ihn der König zum Gouverneur von Berlin. Als Schill 1809 aus Berlin entwich, wurde gegen ihn eine Untersuchungscommission niedergesetzt, die ihn aber völlig freisprach. 1814 wurde er Gouverneur von Breslau; bald in Ruhestand versetzt, begab er sich nach Berlin u. starb dort 1815. Vgl. Erinnerung an das L'Estocqsche Corps, Königsb. 1857.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 10. Altenburg 1860, S. 306.
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