Termiten

[385] Termiten, 1) (Termitini, Psocina s. Corrodentia, Holznager), Familie aus der Insectenordnung Netzflügler; die Füße haben 2–4 Glieder, die Kinnbacken sind stark u. hörnern, 2–3 Nebenaugen, Fühler perlschnur- od. borstenförmig, kürzer od. länger als der Leib, Hinterleib eirund, ohne Anhang, die Hinterflügel mit den Vorderflügeln[385] von gleicher Größe od. auch etwas kleiner; durchlaufen eine unvollkommene Verwandlung, nagen u. fressen Pflanzen- u. Thiertheile, sowohl als Larven, wie auch als vollkommene Insecten. Hierher gehören die Gattungen: Psocus, Termes u. Troctes. 2) (Weiße Ameise, Termes), Gattung der obigen Familie, in heißen Ländern; Fühler kürzer als der Leib, mit 18–30 Gliedern, von denen das erste groß. u. dick, die drei folgenden klein, die übrigen wieder groß sind; vor jedem der beiden nicht großen Netzaugen gegen die Stirn hin ein Nebenauge, dazwischen eine Grube; Oberkiefer vier- bis sechszähnig, Unterkiefer mit kleinem Helmlappen u. zwei starken Zähnen; Kiefertaster fünf-, Lippentaster dreigliedrig; Vorderbrustring groß u. verbreitert; Flügel gleichartig, in der Ruhe parallel, dünn, zart u. leicht abfallend, kurz behaart; Beine kurz, zierlich, dünn, mit 4 Fußgliedern. Die Arten dieser Gattung bewohnen nur die Tropengegenden, bis auf einige wenige im südlichen Europa, wohin sie wahrscheinlich aus Afrika u. Südamerika eingeschleppt sind. Sie leben gesellig in großen Colonien nach Art der Ameisen, daher man auch diese fast immer weißgelben Thiere Weiße Ameisen nennt. Man stndet in einem solchen Termitenstaate außer den geflügelten Männchen u. deren mit Flügelansätzen versehenen Puppen, die größeren Weibchen, die kleineren, noch nicht mit Flügelansätzen versehenen Larven beider Geschlechter u. geschlechtslose Individuen doppelter Art, welche niemals Flügel haben u. von denen die einen den Larven gleichen, aber größer als diese sind (Arbeiter), die anderen ebenfalls wie die Larven, aber mit größerem Kopfe, starken Kiefern u. meist ohne Augen (Soldaten). Auch die Larven sind in der Jugend noch blind. Die Weibchen schwellen, wenn sie trächtig sind, zu einer ungeheueren Größe an u. sollen nach Einigen anfangs Flügel haben, diese aber später verlieren, was jedoch Andere bezweifeln. In Gegenden, wie die baumarmen Wüsten u. Steppen Afrikas sind, errichten die T. aus vielfachen Gängen, Kammern, Brücken etc. aus Lehm u. Sand zusammengesetzte Gebäude, welche allmälig mehre Fuß Höhe erreichen u. so fest sind, daß man sie nur mit Hacken u. Brecheisen zerstören kann, da sie das Baumaterial mit ihrem klebrigen Schleime zusammenkitten. Sie gleichen entweder kegelförmigen Hügeln, mit mehren kegelförmigen Spitzen- od. geraden walzenrunden Thürmen mit einem breiten kegelförmigen Dache. Die amerikanischen T. dagegen bauen ihre Nester aus Holz u. wählen dazu alte Baumstämme, Holzgeräthe u. Stützsäulen der Häuser zu ihrer Wohnung. Sie verzehren nämlich die weicheren Schichten der Jahresringe u. lassen die härteren als Scheidewände zwischen den Höhlen stehen. Sie unterminiren ganze Häuser, welche sie aber gewöhnlich innen wieder mit einem festen Thonkitte auskleiden, u. dasselbe thun sie auch mit den Baumstämmen. Arten: Kriegerischer T. (T. bellicosus s. fatalis), braun, mit ziegelrothem Außenrande der blaßbräunlichen Flügel; die Arbeiter sind 3 Linien, die Soldaten 5 Linien, die Männchen 7–8 Linien lang mit 11/2 Zoll langen Flügeln; die Weibchen werden, wenn. sie trächtig sind, bis 2 Zoll lang. Diese Art lebt in Sierra Leone u. baut jene großen kegelförmigen Gebäude von rother Erde, welche oft eine Höhe von 10–15 Fuß erreichen u. einen Umfang von 20–30 Fuß haben. Ihr Staat ist ein Militärstaat; die arbeitenden Klassen werden zur Arbeit gezwungen u. zugleich geschützt durch ein mächtiges Heer von Soldaten. Wenn jemand in ihren Bau einbricht, so lassen sie ein zorniges Zischen vernehmen; die Arbeiter ziehen sich zurück u. die Soldaten gehen nach allen Seiten vor, um den Angriff abzuwenden. Bekommen sie ein Bein zu packen, so saugen sie gleich sechsmal so viel Blut aus, als sie wiegen. Sie schlagen ihre Kiefern so tief u. fest ein, daß sie sich eher zerreißen lassen, als daß sie loslassen. Weicht man ihnen aber aus, so ziehen sie sich nach etwa einer halben Stunde zurück, u. nun kommen die Arbeiter zu Tausenden mit einem Klumpen Mörtel im Maule, um die gemachte Bresche auszubessern. Die Königin wohnt in einem der größeren Räume u. ihre außerordentlich zahlreiche Nachkommenschaft (sie legt an 80,000 Eier) wird in den benachbarten Räumen untergebracht. Eine ähnliche kleinere Art, T. viator, am Vorgebirg der guten Hoffnung, baut ebenfalls kegelförmige Wohnungen, welche den Hütten der Eingeborenen gleichen. Brasilianischer T. (T. testaceus, T. destructor), ist rothbraun, lebt in Bäumen od. in Häusern; er wird gegessen, u. das durch ihn in eine seine Filzmasse zerstörte Holz gebrauchen die Indianer als Zunder. Der lichtscheue T. (T. lucifugus) u. der gelbhalsige T. (T. flavicollis) sind beide aus Afrika nach Italien, Portugal u. Südfrankreich eingewandert, wo sie Holzmagazinen u. Ölbäumen Schaden bringen.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 17. Altenburg 1863, S. 385-386.
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