Werfen [1]

[102] Werfen, 1) die Handlung, vermöge welcher ein in der Hand gehaltener Körper durch eine schwingende u. stoßende Bewegung der Hand u. des Arms mit mehr od. minderer Gewalt u. Schnelligkeit so fortbewegt wird, daß er mit zeitweiliger Überwindung der Schwerkraft eine größere od. kleinere Strecke die Luft fliegend durchschneidet, bis er nach Consumtion der ihn forttreibenden Kraft zur Erde fällt. Es kommen hierbei alle Muskeln des Arms in verschiedene Wirksamkeit, ja sogar, wenn der Wurf mit bedeutender Anstrengung der Kräfte geschieht, viele Muskeln des, übrigen Körpers. Das W. kann durch Übung theils hinsichtlich des Treffens eines Zieles zur Kunstfertigkeit, theils hinsichtlich der sich dabei vermehrenden Körperkraft u. in so fern man sich der Steine, Wurfspiese etc. dazu bedient, zum kräftigen Angriffsmittel gegen Feinde werden. Das W. wurde auch in älteren Zeiten (s. Akontismus u. Diskos) u. wird noch jetzt bei manchen wilden Völkern als solches geübt, hat aber bei cultivirten Völkern, bei welchen die Feuergewehre eingeführt sind, in dieser Hinsicht seine Wichtigkeit verloren u. wird nur noch als gymnastische Übung getrieben; 2) machen, daß etwas zu Boden fällt, bes. größere Thiere werfen, um bequemer irgend eine Operation an ihnen vorzunehmen; 3) von größeren Raubthieren so v.w. überwältigen u. dann. fressen; 4) das Forttreiben eines Geschosses bes. aus Haubitzen u. Mörsern gegen freistehende[102] od. durch hohe Deckungen dem directen Feuer entzogene Ziele im höheren Bogen in der Art, daß das Geschoß von oben nach unten ins Ziel einschlägt (indirectes Verticalfeuer), deshalb hauptsächlich Verwendung von Hohlkugeln u. solchen Geschossen, welche in od. am Ziel liegend wirken sollen. Die geringste Elevation beim Wurf beträgt 151/2° zur Grundlinie; vgl. Schießen S. 161; 5) machen, daß die feindlichen Truppen zurückweichen od. fliehen; 6) von vielen vierfüßigen Thieren so v.w. Gebären; 7) den Falken von der Hand auf seinen Raub fliegen lassen; 8) vom Falken, den Leib ausleeren; 9) von Pferden, welche einen schweren Tritt haben, den Reiter sehr in die Höhe stoßen; 10) das geleimte Papier bogenweise auseinander nehmen u. aufhängen; 11) (Strumpfw.), bei dem Zwickel zwei Maschen zusammennehmen, um dadurch eine Figur zu verfertigen; vgl. Strumpfwirkerstuhl S. 946 u. Strumpfwaaren S. 942; 12) sich werfen (Ziehen), das Eintreten von Krümmungen u. sonstigen unwillkommneren Formänderungen beim Härten des Stahls (s.d. I. A), beim Abkühlen der Gußstücke, beim Trocknen des Holzes (s. Schwinden 2).

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 19. Altenburg 1865, S. 102-103.
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