Willegis

[233] Willegis (Willigis), stammte aus Schöningen im Braunschweigischen u. war Canonicus in Hildesheim, als ihn der Kaiser Otto I. 970 in seine Kanzlei aufnahm; unter Otto II wurde er 975 Erzbischof von Mainz u. Erzkanzler des Deutschen Reichs, als welcher er öfter im Rathe des Kaisers war. Als Otto II. 983 starb u. Heinrich der Zänker die Deutsche Krone an sich reißen wollte, gelang es der Lothringischen Partei, deren Seele W. war, dieselbe für Otto III. zu retten; W. war von da der beständige Gefährte der beiden kaiserlichen Vormünderinnen, Adelheid u. Theophano, stand seit 991 an der Spitze des Reichsregimentes u. leitete die Erziehung des jungen Kaisers; 996 begleitete er denselben auf seinem Römerzuge, verlor aber nachher dessen Gunst, da er seinen Plan der Bildung eines christlichen Weltreichs nicht billigte, weil der Sitz desselben Rom werden, also Deutschland in diesem Reiche aufgehen u. auch die Deutsche Kirche römisch werden sollte. Im Jahr 1000 kam er in einen ärgerlichen Streit mit dem Bischof von Hildesheim wegen der geistlichen Jurisdiction über das Kloster Gandersheim, u. da er sich dem zur Schlichtung dieses Streites vom Papst delegirten Cardinal Friedrich auf der Synode zu Pöhlde im Juni 1002 nicht unterwarf, so wurde er von dem Cardinal von seinem Amte suspendirt. Aber weder er, noch seine Partei unterwarf sich dem päpstlichen Ausspruch, u. der Streit wurde erst 1007 dadurch beendigt, daß W. freiwillig auf sein Recht über Gandersheim verzichtete; er that dies aus Gefälligkeit gegen den neuen Kaiser Heinrich II., welcher vorzüglich durch W-s Einfluß über seine Nebenbuhler den Sieg davon getragen hatte u. im Juli 1002 von W. in Mainz gekrönt worden war. Unter Heinrich erhielt W. seinen früheren Einfluß am Kaiserhofe wieder u. st. 23. Febr. 1011. Als Kirchenfürst suchte er bes. das kirchliche Leben zu fördern, baute mehre Kirchen (darunter die Martinskirche in Mainz, den jetzigen Dom) u. Brücken in seiner Diöcese, auch den Mäusethurm bei Bingen, stellte zerstörte Klöster her, belebte Kunst u. Wissenschaft u. überwachte mit besonderer Sorgfalt die Schulen. Vgl. Offenbeck, De Willigisi vita et rebus gestis, Münst. 1859; K. Euler, W. in den ersten Jahren seines Wirkens, Naumb. 1860.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 19. Altenburg 1865, S. 233.
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