Garten, der

[419] Der Garten, des -s, plur. die Gärten, Diminut. das Gärtchen, Oberd. Gärtlein, ein Wort, welches überhaupt einen eingeschlossenen verwahrten Platz bedeutet, und besonders folgende Arten desselben bezeichnet. 1) * Einen Zaun, ein Gehäge; eine im Deutschen völlig veraltete Bedeutung, in welcher doch das Schwed. Gård und Dän. Giärde, ein Zaun, und gaerda, Dän. giärde, zäunen, noch üblich sind. Schon das Griech. χορτος, und Angels. Gearde, bedeutete einen Zaun, und im Hebr. und Punischen ist גדר einzäunen. S. Gaden, Gatter, Gerte, Gurt, Gürtel, Hürde u.s.f. Im Wendischen ist gradim noch jetzt einzäunen, und Gard ein Stacketenwerk. 2) * Einen mit einem Zaune, mit einer Hecke, oder auf ähnliche Art eingeschlossenen Ort; eine gleichfalls veraltete Bedeutung, wovon aber in den ältern Sprachen eine Menge Beyspiele vorkommen. Dahin gehören das Lat. Cohors, Chors, ein eingeschlossener Ort, Engl. Yard, das mittlere Lat. Curtis, Dän. Gaard, ein Hof, das mittlere Lat. Girata, Gordus, Gortium, Gortus, eine Fischweide, Garenne, und hundert andere mehr. 3) * Besonders, einen befestigten Ort, ein Schloß, eine Burg, einen Pallast, eine Stadt; eine Bedeutung, welche in den fremden Sprachen gleichfalls sehr häufig ist, ungeachtet sie im Deutschen auch unter die veralteten gehöret. Das Pohln. Grod, Ruß. Gorod, Böhm. und Wend. Hrod, Hrad, Schwed. Gård, das Hebr. קרית und גדר, das Chald. קרת und קרדא und hundert andere bedeuten theils eine Burg, theils eine Stadt. Dahin gehören gleichfalls[419] die vielen Nahmen der Städte und Schlösser in und außer Deutschland, welche sich auf gard endigen, z.B. Stuttgard, Belgard, Stargard, u.s.f. S. Gardrichter. 4) * Ein Haus, welche Bedeutung das Goth. Gards und Dän. Gaard hat. Aus der Deutschen Sprache gehöret hierher das an Höfen übliche Wort Zehrgarten, das Vorrathshaus oder Gewölbe von dem zu den Bedürfnissen des Hofes gehörigen Gemüse, Fleische und Fischen zu bezeichnen, dessen Aufseher der Zehrgärtner genannt wird. 5) Ein mit einem Zaune, oder einer Hecke eingefaßtes oder befriedigtes Stück Acker, Nieders. ein Kamp, und wenn es Graseland ist, eine Wörde, Wuurte. In diesem Verstande ist ein Eichelgarten oder Eichelkamp, ein zum Anfluge junger Eichen eingehägtes Stück Feldes. S. Gartenfeld, Gartenrecht, Gartine und Wörde. 6) In der engsten und üblichsten Bedeutung, ein befriedigtes Stück Landes, worin allerley Gewächse so wohl zum Nutzen, als zum Vergnügen gebauet werden. Einen Garten hinter dem Hause haben. Einen Garten anlegen. Ein Baumgarten, Obstgarten, Küchengarten, Kohlgarten, Lustgarten, Blumengarten, Grasgarten, Irrgarten u.s.f. In dieser Bedeutung lautet es bey dem Kero Cartin, bey dem Ottfried Garton, bey dem Willeram Garto, im Nieders. Garden, Garen, im Holländ. Gaerde, im Engl. Garden, im Wallis. Gardd, im Franz. Jardin, im Ital. Giardino, im Lat. Cors, cortis, Hortus, im mittlern Lat. Gardum, Goretus, im Wallach. Garntina, im Pohln. Ogrod u.s.f. 7) * Eine Gegend, ein Gebieth, ein Land; eine nur noch in einigen verwandten Sprachen übliche Bedeutung, wohin das alte Schwed. Gård, das Griech. χαιρα, eine Gegend, und das Angels. Gearde, die Erde, der Weltkreis, gehören. Auf der Insel Rügen heißt das Gebieth der ehemaligen Gardvogtey noch jetzt der Garten; S. Gardrichter.

Anm. Das hohe Alter dieses Wortes und die vielen demselben dem Klange nach ähnlichen Wörter machen dessen Ableitung schwer, wo nicht unmöglich. So fern es einen Zaun bedeutet, kann es zu Gerte und Hürde gerechnet werden; so fern mit demselben auf die Verwahrung gesehen wird, kann es zu wahren, warten, bewahren, Franz. garder, gehören; wäre der Begriff des Umkreises, des Bezirkes, der herrschende, so würde es zu Gurt, Girgillus, Girare u.s.f. gehören; würde vornehmlich auf den Begriff eines Platzes gesehen, so müßte es mit Erde, Schwed. Jörd, verwandt seyn; anderer Ableitungen zu geschweigen. Übrigens lautet dieses Wort, wenn es hortus bedeutet, in einigen Gegenden der Garte, ein Garte ohne Wasser, Es. 1, 30, und in andern scheinet es gar weiblichen Geschlechtes zu seyn.


Die Gärte, wo nur Wolfs- und Schirlingskraut zu holen,

Gryph.


Ich lieb ein falsches Licht, das geile Flammen heget,

Und in die Gärte führt,

Gryph.


In welcher letztern Stelle es aber einen Sumpf, Morast, zu bedeuten scheinet, in welchem Falle es zu einem andern Stammworte gehören würde.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 2. Leipzig 1796, S. 419-420.
Lizenz:
Faksimiles:
419 | 420
Kategorien: