Jacob Paul, Freiherr von Gundling

[146] Jacob Paul, Freiherr von Gundling, geboren 1673 zu Hersbruck, ist wegen seiner sonderbaren Schicksale am Hofe Friedrich Wilhelms, Königs von Preußen, sehr berüchtigt worden. Seine gründlichen Kenntnisse in der Geschichte, über die er viele brauchbare Schriften herausgab, machten ihn bald diesem Monarchen bekannt, der zwar jeden Gelehrten haßte, aber doch einen geschickten Zeitungsreferenten und Historiographen brauchte. Zu diesen Würden gelangte nun Gundling; allein er betrug sich dabei so unerträglich stelz, pedantisch und steif, daß er allen zum [146] Gelächter ward. Seine übertriebene Neigung zum Trunk und sein albernes, zänkisches Betragen im Zustande der Trunkenheit machten das komische Gemählde vollkommen; er hatte viel zu wenig Geist, als daß er eine Würde behaupten konnte: kurz, er ward Hofnarr, ohne den Titel zu führen, und ohne selbst den geringsten Witz zu besitzen. Vornehme und niedrige Hofleute trieben nun mit ihm zur Belustigung des Königs den plumpsten und entehrendsten Spott: z. B. er mußte einst einen Affen für seinen natürlichen Sohn erklären, in einer Sänfte ohne Sitz und Boden sich tragen lassen; und er wurde beständig, selbst von den Bedienten, mit Schimpfworten von den verächtlichsten Thieren überhäuft. Nur zum Spott erhielt er eine Menge Titel der höchsten Staats- und Hofämter; und sein Stolz kannte, als er diese und die Stelle eines Kammerherrn bekam, keine Gränzen. Der König selbst hatte über die mit ihm getriebenen Possen eine innige Freude, theils weil er alle Gelehrten für überflüssige und närrische Menschen hielt, theils weil er bei seinen Regierungsgeschäften und körperlichen Leiden Aufheiterung brauchte. Gundling, der zuletzt selten nüchtern ward, starb 1731 zu Potsdam; und sein Sarg, in dem er zu Bornstädt begraben liegt, hatte die Form eines Weinfasses. Das Leben dieses sonderbaren Mannes, der zwar gelehrt und sehr gutmüthig, auch aller Cabale feind war, aber doch niederträchtig genug dachte, um sich für den Glanz und die reichlichen Einkünfte seiner Aemter der schimpflichsten Behandlung auszusetzen, ist 1795 zu Berlin erschienen, und gewährt eine unterhaltende Lectüre.

Quelle:
Brockhaus Conversations-Lexikon Bd. 2. Amsterdam 1809, S. 146-147.
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