Aue

[140] Aue heißen mehre Flüßchen im Königreiche Hanover und in der preuß. Provinz Westfalen. Auch die zu den Seiten der Flüsse liegenden Uferstrecken mit ihren gutbewässerten Wiesen und fruchtbaren Feldern, wenn sie eben oder sanft anschwellend sich weithin nach den begrenzenden Hügelreihen ausdehnen, nennt man Auen. So den bei Selbitz im merseburger Regierungsbezirke der preuß. Provinz Sachsen beginnenden fruchtbaren Strich Landes zu beiden Seiten der Elbe, der auf etwa 14 ! M. die herrlichsten Landgüter enthält. Auch nennt man ganz im Allgemeinen ebne Fluren besonders Wiesen und grüne Plätze, Auen. Unter dem Namen der goldnen Aue versteht man jetzt die fruchtbare und reizende Gegend in Thüringen, die unterhalb Nordhausen am Flüßchen Helme beginnend, zwischen den von S. nach N. streichenden Bergreihen bis in die Gegend von Artern hinläuft und sich dann in das Thal der Unstrut nach Roßleben zu ausbreitet. Ihre Fruchtbarkeit ist außerordentlich und durch die regelmäßig im Jahre mehre Mal wiederkehrende Überschwemmung der Unstrut bedingt. An die meisten Orte in der goldnen Aue knüpft sich die Erinnerung bedeutender Ereignisse der Vorzeit. So war Burgscheidungen oder Skidingi, wie es im 6. Jahrh. hieß, die Residenz der thüring. Könige. Bei Vitzenburg auf den Ronnebergsfeldern war es, wo eine dreitägige blutige Schlacht im I. 531 den Untergang des alten thüring. Königreichs entschied, indem der Beherrscher desselben, Hermanfried, von dem fränk. Könige Theodorich von Austrasien besiegt wurde. Memleben mit den Ruinen eines Benedictinerklosters, das schon 975 von Kaiser Otto II. zur Abtei erhoben wurde, war der Lieblingsaufenthalt der deutschen Kaiser aus dem sächs Hause und es starben daselbst Heinrich I. (936) und sein Sohn Otto I. (974). Zu Tilleda hielten sich die deutschen Kaiser des 11. und 12. Jahrh. auf. Nebra war im 10. Jahrh. ein berühmtes Bergschloß. Sangerhausen erinnert an 34 ihres Glaubens wegen im J. 1413 zum Feuertode verurtheilten Flagellanten und an den Bauernaufruhr. Auch sind in der goldnen Aue zwei berühmte gelehrte Schulen, nämlich die zu Dondorf und die bedeutendere zu Roßleben.. – Die blaue Aue im Fürstenthume Schwarzburg-Sondershausen, ein schöner Wiesengrund, verdankt ihren Namen dem Städtchen Plaue. – Das Städtchen Aue, im erzgebirgischen Kreise des Königreichs Sachsen, mit etwa 800 Einw., ist besonders berühmt wegen einer Art verwitterten Quarzes, der in der Nähe gefunden wird und das sogenannte weiße Zeug zu dem meißner Porcellan liefert.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 1. Leipzig 1837., S. 140.
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