Biber

Biber

[246] Biber (der), ein merkwürdiges Nagesäugethier, meist rehbraun von Farbe, wird über zwei Fuß lang, ungerechnet den fast fußlangen, breiten, fleischigen, mit Schuppen bedeckten Schwanz, der einem Fischstücke sehr ähnlich sieht.

Die Biber wurden sonst in ganz Mitteleuropa, also auch in Deutschland, nicht selten angetroffen, kommen aber jetzt nur einzeln an den größern Flüssen, häufiger im N., im nördl. Asien, am zahlreichsten aber in Nordamerika vor. Hier leben sie noch in Gesellschaften von Hunderten an tiefen, mit waldigen Ufern eingefaßten Flüssen und Seen, welche ihnen das Aufsuchen und Einsammeln ihrer Nahrung erleichtern, die vorzüglich aus süßen Baumrinden und mitunter auch aus Wurzeln besteht. Da nun die Biber mit ihren kurzen Füßen zu Lande nicht schnell, desto besser aber mittels ihrer mit Schwimmhäuten versehenen Hinterfüße im Wasser fortkommen können, so schwimmen sie von ihren am Wasser liegenden Wohnungen stromaufwärts, suchen sich am Ufer junge Stämme aus, von denen sie selbst 1/4 Elle starke mit ihrem scharfen Gebiß in wenig Stunden durchnagen, die sie dann ins Wasser ziehen und nach ihrem gewöhnlichen Aufenthalte flößen, indem sie das Holz mit den Vorderpfoten oder mit den Zähnen festhalten. Ihre Wohnungen haben die Gestalt von Heuhaufen, halten 12 F. im Durchmesser bei gleicher Höhe und sind aus Holz, Reisig, Erde, Schlamm und Steinen sehr fest aufgeführt. Manchmal haben auch mehre derselben ein gemeinschaftliches Dach. Im Sommer haust darin nur das Weibchen mit 2–6 Jungen, im Winter aber bewohnt sie auch das Männchen. Vor derselben liegen die eingesammelten Wintervorräthe im Wasser, damit die Rinde frisch bleibe. Diese Wohnungen sind das Werk der einzelnen Familien, was aber früher von mehren Abtheilungen, die sie übereinander haben sollen, erzählt wurde, ist, wie vieles andere vom Biber Behauptete, erdichtet. In Deutschland sind solche Biberwohnungen höchst selten und werden in der Jägersprache durch den Namen Burg von den Uferhöhlen oder Bauen unterschieden, in welchen die einzelnen Biber wohnen. Nur wo die Biber so zahlreich wie in Nordamerika leben, führen sie ihre berühmten gemeinschaftlichen Bauten aus, welche in Dämmen bestehen, die oft 100 F. lang quer durch einen Fluß laufen und verhindern sollen, daß sein Wasser zu niedrig werde. Man glaubte sonst, daß sie aufs Künstlichste Reiser ineinander zu flechten und mit Erde zu bekleiden wüßten, doch ist das Wahre an der Sache, daß sie zwar Holzstücke kreuzweis stellen, auch wol andere dazwischenlegen, dies aber nicht immer und keineswegs sehr kunstvoll thun. In der Regel häufen sie stärkere Stämme und Reiser gegen-und übereinander, füllen die Zwischenräume mit Steinen, Schlamm und Schilf aus, und da die gebrauchten Holzarten meist leicht Wurzel schlagen, entsteht zuweilen ein so fester Damm, daß man darüber weggehen kann. Es soll deren bis 12 F. stark geben, die auch bei starker Strömung des Flusses gegen dieselbe einen Bogen bilden und mit Abzugslöchern für das zu hoch aufstauende Wasser versehen sind.

Den Bibern wird theils wegen ihres Pelzes, theils wegen des Bibergeils stark nachgestellt. Der erstere hat zweierlei Haar, nämlich ein seines seidenartiges und ein darüber [246] hinausragendes starkes, welches zuweilen ausgerupft wird. Die seltenen schwarzen und die weißen Biberfelle sind die theuersten; die minder guten benutzen die Hutmacher zu den Castorhüten. Das Kostbarste am Biber ist jedoch das Bibergeil oder Castoreum, eine zimmtfarbige fette Materie von betäubendem Geruche und bitterm Geschmacke, welche zwei Säckchen am After des Bibers enthalten, die ihren Namen davon haben, daß man sie früher für die Hoden des Thieres hielt. Sie werden dem getödteten Thiere ausgeschnitten, getrocknet und ihr Inhalt dient seit den ältesten Zeiten als eine der wichtigsten Arzneien und wird auch von Jägern zu Witterung benutzt. Das beste Bibergeil kommt aus Rußland, die besten und meisten Biberfelle liefert aber Nordamerika, von wo jährlich allein gegen 50,000 in den Handel kommen. In katholischen Ländern wird das Biberfleisch vorzüglich als Fastenspeise geschätzt, allgemein aber gilt der Schwanz des Bibers für einen Leckerbissen.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 1. Leipzig 1837., S. 246-247.
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