Evangelium

Evangelium

[706] Evangelĭum, ein dem Griechischen entlehnter Ausdruck, bedeutet ursprünglich fröhliche Botschaft und bezeichnet in der christlichen Kirche entweder die dem Menschen durch Christum geoffenbarte Heilslehre, oder diejenigen vier Schriften des N. T., in denen diese Lehre mit der wundervollen und heiligen Geschichte seines Lebens eng verbunden mitgetheilt wird.

Als Lehre umfaßt das Evangelium Alles, was [706] Gott zur Beseligung der Menschen that, die ganze Heilsanstalt, d.h. die Versöhnung der Menschen mit Gott durch Christi verdienstvolles Leben, Leiden und Sterben, und des h. Geistes fortwährende Wirksamkeit, der sie zu Christen beruft, sie erleuchtet und heiliget. Als solches steht das Evangelium dem Gesetz entgegen, denn wenn dieses in dem Menschen mit der Erkenntniß der göttlichen Gebote zugleich das Misfallen Gottes an seinem ihm feindseligen Leben zum Bewußtsein bringt, so ist jenes für ihn nach reuevoller Buße eine Predigt von der Gnade und allerbarmenden Liebe Gottes. Wenn das Gesetz den Christen in seinen Sünden schreckt, so soll ihn dieses aufrichten durch den Trost der [707] Gnade und Liebe Gottes. Die vier Evangelien sind sowol für die Lebensgeschichte Jesu als für seine Lehre von großer Wichtigkeit, da jene nur ausschließlich, diese aber am reinsten aus ihnen geschöpft werden kann. Beide Elemente sind kunstlos miteinander verwebt, in allgemein faßlicher, häufig sprüchwörtlicher und sinnbildlicher Sprache abgefaßt. Ihre Verfasser, Marcus, Lukas, Matthäus und Johannes (s.d.) heißen deshalb jetzt vorzugsweise die Evangelisten und sind vorstehend nach einem der besten Gemälde des Jak. Jordaens (gest. 1678), eines ausgezeichnet flamänd. Malers, dargestellt; in früherer Zeit wurde derselbe Name aber auch allen Denen beigelegt, welche, dem Beispiele der Apostel nachahmend, von einer Gemeinde zur andern reisten und die Lehre Christi predigten. – Evangelisch wird Alles genannt, was der in der Bibel enthaltenden Lehre Jesu entspricht, und es bedeutet daher auch so viel wie christlich, die protestantische und die reformirte Kirche aber, welche in der heiligen Schrift die alleinige geschriebene Quelle des Glaubens sieht, nennt sich darum die evangelische Kirche und ihre Bekenner evangelische Christen.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 1. Leipzig 1837., S. 706-708.
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