Götze

[255] Götze (ein) ist jeder irdische Gegenstand, dem der Mensch eine Verehrung zollt, wie er sie nur gegen den wahren Gott hegen soll. Die heidnischen Völker knüpfen ihre religiösen Empfindungen an sinnliche Gegenstände, weil sie noch zu wenig gebildeten Geistes sind, um sich die Gottheit anders als im Bilde vorstellen zu können. Je ungebildeter ein Volk noch ist, desto roher sind die Bilder, die Götzen, unter denen es sich das Göttliche vorstellt, und es gibt daher so verschiedenartige Götzen, als es Culturstufen gibt. Man hat den scheußlichsten Abbildungen göttliche Verehrung erwiesen und wenn man solche auch noch bei Völkern findet, welche bereits einen gewissen Grad von Bildung erlangt haben, so ist der Grund nur darin zu suchen, daß dieselben an den überlieferten Heiligthümern um so fester zu hangen pflegen, aus je älterer Zeit dieselben stammen. Die schönsten und edelsten Götzenbilder sind die Darstellungen der Griechen von ihren Göttern, welche wir noch jetzt als die vorzüglichsten Leistungen der bildenden Kunst in Museen aufbewahren. Der freie griech. Geist machte sich von allen alterthümlichen Vorstellungen los und während würdigere Ansichten über das Wesen der Gottheit durch die tiefsinnigen Philosophen Griechenlands sich verbreiteten, wurden die alten, das Göttliche menschlich darstellenden Vorstellungen Gegenstände der Kunst, welche es wagen durfte, dieselben nach den Gesetzen der Schönheit abweichend vom Alterthümlichen darzustellen. Nur bei Griechen und Römern finden wir schöne Götzenbilder, alle übrigen heidnischen Völker haben nur Misgestalten verehrt. Schon die Mosaische Religion hob den Götzendienst durch das Verbot auf, sich ein Bild von Gott zu machen, noch mehr aber die christliche Religion durch die in ihr enthaltenen würdigen Vorstellungen vom Wesen der Gottheit. Der christliche Bilderdienst ist zwar durch die mangelhafte Bildung der Bekenner des Christenthums oft fast in Götzendienst ausgeartet, die Religion aber, welche lehrt, Gott wohne nicht in Tempeln von Menschenhänden gemacht und Gott sei ein Geist und wolle in Geist und Wahrheit angebetet sein, hat solches Misverständniß nie gebilligt. Nicht minder als die Anbetung eines Bildes von Holz oder Stein ist es Götzendienst, wenn der Mensch sein Herz also an irdische Dinge, wie an Ehre, Geld oder an einen andern Menschen, hängt, daß er im Dienste für diese, seine Götzen, die Sorge für sein Seelenheil vergißt, ja wol gar gegen sein Gewissen handelt, um seinen Götzen zu fröhnen. Solcher noch jetzt häufig genug gepflegte Götzendienst ist die vollständigste Sünde, während der des Heiden meistens nur Thorheit und Hülfsbedürftigkeit nach göttlicher Offenbarung anzeigt. (Vgl. Abgötterei, Bilderdienst und Götter.)

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 2. Leipzig 1838., S. 255.
Lizenz:
Faksimiles:
Kategorien: