Hebamme

[347] Hebamme, Kindmutter, Wehmutter wird eine Frau genannt, welche den Beruf hat, Schwangern auf Verlangen diejenigen Verhaltungsregeln zu ertheilen, bei deren Beobachtung sie hoffen dürfen, sich und ihre Leibesfrüchte gesund und am Leben zu erhalten, Gebärenden die unumgänglich nöthigen Hülfeleistungen zu gewähren, in bedenklichen Fällen aber die Herbeiholung eines Geburtshelfers zu veranlassen. Auch die erste Pflege der neugeborenen Kinder pflegen die Hebammen zu übernehmen. Aus dem Angeführten ergibt sich die hohe Wichtigkeit der Hebammenkunst, zugleich aber auch, daß sich nicht jede Frau zu Ausübung derselben eignet. Wenn sie sich derselben widmen will, muß sie vor Allem, um zu derselben zugelassen werden zu können, gewisse Eigenschaften des Körpers und Geistes besitzen. Sie darf nicht zu alt sein, weil sich im Alter nur schwer noch Kenntnisse aneignen lassen, muß einen kräftigen, in anhaltender Anstrengung ausdauernden Körper und natürliche Geschicklichkeit besitzen, darf auch nicht durch harte Arbeit das Gefühl in den Händen abgestumpft haben. In geistiger Hinsicht sei dieselbe mit einem gefunden Verstande, einem richtigen Urtheile und einem guten Gedächtnisse begabt und besitze Gegenwart des Geistes und Entschlossenheit, sei rechtschaffen, gewissenhaft, sanft, theilnehmend und geduldig, dienstfertig, verschwiegen, nüchtern, ehrbar in ihrem Wandel und verträglich. Besitzt sie aber alle diese Eigenschaften und hat sie sich die nöthigen Kenntnisse und Fertigkeiten in hinreichendem Grade erworben, dann wird auch der Segen Gottes und der Menschen mit ihr sein und sie Das werden, wozu ihr wichtiger Beruf sie machen kann, ein Schutzengel für die ihr sich anvertrauenden Frauen und Kinder. Eine ihrem Berufe nicht gewachsene Hebamme kann unsagliches Unheil anrichten und daher haben sich in neuerer Zeit die Regierungen fast aller gebildeter Staaten veranlaßt gesehen, durch Einrichtung besonderer Hebammenschulen oder Hebammeninstitute für die Bildung guter Hebammen mehr Sorge zu tragen als früher geschehen ist. In diesen erhalten sie den nöthigen Unterricht theils durch mündliche Vorträge, theils durch praktische Übungen unter Anleitung kenntnißreicher und erfahrener Geburtshelfer, werden nur erst nach gut bestandenen Prüfungen zur Ausübung der Hebammenkunst zugelassen und bleiben beständig unter Aufsicht der ihnen vorgesetzten Ärzte und Geburtshelfer.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 2. Leipzig 1838., S. 347.
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