Maintenon

[26] Maintenon (Françoise d'Aubigné, Marquise de), die letzte Geliebte König Ludwig XIV. von Frankreich, war die Tochter eines armen protestantischen Edelmanns, Konstant d'Aubigné, und wurde 1635 im Gefängnisse zu Niort geboren, wo ihre Ältern sich eben befanden. Als dreijähriges Kind ward sie mit nach Amerika geführt, kehrte aber nach 10 Jahren wieder nach Paris zurück, wo sich eine Verwandte zwar ihrer annahm, allein sie so drückend behandelte, daß sie als 16jähriges Mädchen zur katholischen Kirche überging und den häßlichen, an allen Gliedern gelähmten Dichter Scarron heirathete. Dieser war keineswegs reich, allein sein Haus war ein Vereinigungspunkt der besten Gesellschaft und die durch Verstand und Bescheidenheit ausgezeichnete junge Frau kam hier in nahe Verhältnisse zu einflußreichen Personen, die ihr nach Scarron's Tode (1660) sehr nützlich wurden. Durch Frau von Montespan, die damalige Geliebte Ludwig XIV., ward ihr nämlich eine Pension zugewendet und in der Folge die Erziehung der mit dem Könige erzeugten Kinder derselben, des Herzogs von Maine und Grafen von Toulouse, übertragen. Dadurch kam sie in persönliche Beziehung zum Könige, der ihr wegen der Umsicht und Sorgfalt, mit der sie ihr Amt versah, und wegen ihrer liebenswürdigen Gemüthseigenschaften seine Achtung und sein Vertrauen und endlich seine [26] ganze Zuneigung schenkte. Schon als Erzieherin erhielt sie einmal 100,000 Livres vom König geschenkt, wofür sie sich das Landgut Maintenon kaufte, nach dem sie sich nannte, wurde später Hofdame der Gemahlin des Dauphin, dann Ehrendame und 1685 im Geheim mit dem Könige vermählt. Sie vermied auch jetzt den Schein der Einmischung in Regierungsangelegenheiten, allein enthielt sich derselben keineswegs und namentlich ward sie durch misverstandene Frömmigkeit verleitet, die Aufhebung des Edicts von Nantes (s. Cevennen) mit zu betreiben. Übrigens lebte sie eingezogen und nur für den König, verwendete von ihren Einkünften viel zu wohlthätigen Zwecken und veranlaßte auch 1686 die Stiftung des Erziehungshauses in der Abtei St.-Cyr, wo 300 Töchter von Edelleuten durch 36 Nonnen und 24 Laienschwestern unterrichtet und beim Abgang mit 1000 Thalern ausgestattet wurden. Nach dem Tode des Königs (1715) zog sie sich ganz in diese Anstalt zurück, der sie ihre letzte Thätigkeit widmete und wo sie im April 1719 starb.

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Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 3. Leipzig 1839., S. 26-27.
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