Mikrokosmus

[137] Mikrokosmus, d.h. kleine Welt oder Welt im Kleinen, wird der Mensch und die Menschenwelt gegenüber dem Makrokosmus, d.h. Weltall oder der großen Welt genannt, weil er nicht blos die Elemente der Körperwelt in sich trägt und die aus der Verbindung derselben hervorgehenden Gegensätze und Erscheinungen an sich selbst wahrnimmt, sondern auch viele, außer ihm vereinzelt angetroffene Vollkommenheiten in sich vereinigt. In früherer Zeit suchte man die sogenannte Harmonie oder Übereinstimmung der kleinen und großen Welt in Äußerlichkeiten und angenommenen Beziehungen zwischen den Theilen des Körpers und der Erde und den Gestirnen, denen auch besondere Einflüsse auf den Gesundheitszustand beigelegt wurden, daher die Ärzte sich auf harmonia macrorcosmi cum (mit) macrocosmo wol verstehen mußten. So galt vom Munde, daß er dem Nordpol, vom Magen, daß er dem Äquator, vom After, daß er dem Südpol entspräche, weil der Mund an sich nimmt und jener abführt, gleichwie man vom Nordpol annahm, daß er die dahin strömenden Gewässer verschlinge, die dann durch die Erde und am Südpol wieder ausströmten und zurückflössen. Das Fieber ward einem Erdbeben, die Schwindsucht der Trockenheit, die Wassersucht als einer Überschwemmung entsprechend betrachtet und von den damals sogenannten sieben Planeten sollte Saturn die Milz, Mars die Galle, Jupiter die Leber, die Sonne das Herz, Venus die Nieren, Mercur die Lunge, der Mond das Haupt beherrschen. Sie sollten ferner auch von den sieben Ausgängen des menschlichen Haupts vertreten und vom rechten Ohr Saturn, vom linken Mars, durch die Nasenlöcher Jupiter und Venus, durch den Mund der Mercur, von den beiden Augen, die auch die mikrokosmischen Lichter hießen, Sonne und Mond angezeigt werden.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 3. Leipzig 1839., S. 137.
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