Orloff

[354] Orloff (Gregorej) und dessen jüngerer Bruder Alexis O., bekannt als Haupttheilnehmer der gegen Peter III. gerichteten russ. Thronrevolution, durch welche die Kaiserin Katharina II. im J. 1762 zur Alleinherrschaft gelangte, waren Abkömmlinge einer alten russ. Familie und dienten im Heere. Gregorej O. stand bei der Garde, war Adjutant des Generals Schuwaloff und machte durch seine körperlichen Vorzüge auf Katharina, als sie noch Großfürstin war, einen solchen Eindruck, daß sie ihm bald näher trat und endlich auch ihre Entwürfe auf den Thron mittheilte, zu deren Ausführung er sofort bereit war. Auf Empfehlung Katharinens zum Zahlmeister bei der Artillerie ernannt, bekam O. in dieser Stellung ansehnliche Geldmittel, welche er mit seinen ins Geheimniß gezogenen Brüdern vorzüglich zur Gewinnung der Garden benutzte. In der entscheidenden Nacht vom 8.–9. Jul. 1762 wußte er Peter III. Agenten an einem Orte zu fesseln, wo er nichts von Dem bemerken konnte, was im Werke war. Alexis O. holte indessen die Kaiserin von Peterhof in die Hauptstadt, wo ihr am Morgen die Garden huldigten, begleitete sie auch in die kasansche Kirche, wo er das Manifest ihrer Thronbesteigung verlesen ließ, und begab sich einige Tage nachher mit mehren Verschworenen nach Ropscha, einem Landsitze des Grafen Rasumossski, wo der entsetzte Kaiser bis dahin verwahrt und nun von ihnen umgebracht wurde. Beiden Brüdern ward ein glänzender Lohn zu Theil und Gregorej besonders galt für den erklärten und Alles vermögenden Günstling der Kaiserin, der am Ende sein rohes und rücksichtsloses Benehmen aber doch so lästig fiel, daß sie ihn 1771 durch ausgezeichnete aber ferne Aufträge loszuwerden versuchte und unterdessen einen neuen Günstling wählte. Zornentbrannt wollte O. nach Petersburg zurückkehren, als er dies vernahm, erhielt aber eines seiner Güter zum Aufenthalt angewiesen; indessen versöhnte sich Katharina II. endlich mit ihm durch neue Geschenke und Gnadenbeweise, allein ihm selbst gefiel es plötzlich nicht mehr am Hofe. Er ging deshalb zuerst nach Reval, dann ins Ausland, lebte später abwechselnd in Moskau und in Petersburg, wo er sich noch verheirathete und auch 1783 an wiederholten Anfällen von Wahnsinn starb. – Alexis O. suchte im Kriege gegen die Türken Befriedigung seines Ehrgeizes und erfocht als Generaladmiral der russ. Flotte im Archipel, 1770 den Sieg bei Tschesme, wovon er den Beinamen Tschesmenskoi erhielt. Die Entfernung seines Bruders vom Hofe brachte auch für ihn, dessen Kühnheit Katharina II. nicht minder fürchtete, den Befehl mit sich, die Flotte nicht ohne ausdrückliche Erlaubniß zu verlassen; als er aber einige Jahre später nach Petersburg zurückkam, ward er mit Ehren und Schätzen überhäuft, wählte aber doch Moskau zu seinem Aufenthalte. Dorthin sandte ihm Katharina II. nach seines Bruders Tode ihr von diesem bis dahin im Knopfloch getragenes Bild, eine nur Potemkin außerdem noch gewährte Ehre, nach der Thronbesteigung Paul I. aber wurde er nach Petersburg berufen, wo er bei der veranstalteten feierlichen Beisetzung der Leiche Peter III. das Leichentuch mit Baratinsky halten mußte, dem Einzigen, der mit Alexis O. von Denen noch am Leben war, welchen der Tod des unglücklichen Fürsten Schuld gegeben wurde. Später lebte er im Auslande, ging aber nach Paul's Tode wieder nach Moskau und starb daselbst im J. 1808.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 3. Leipzig 1839., S. 354.
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