Pendel

Pendel
Pendel

[438] Pendel, Pendul und Perpendikel wird jeder schwere Körper B genannt, welcher mit einem Faden oder auf andere Weise an einem festen Punkte A so aufgehangen ist, daß er sich um denselben frei bewegen kann.

So lange er von jenem Punkte senkrecht herabhängt und folglich der Schwerpunkt des Pendels in einer senkrechten, verticalen oder perpendicularen Linie mit dem Aufhängungspunkte liegt, ruht das Pendel. Wird es aber aus seiner Ruhelage z.B. nach C entfernt und sich selbst überlassen, so beschreibt es [438] einen Bogen bis B mit wachsender Geschwindigkeit, welche an diesem Punkte dieselbe ist, mit welcher ein dem Pendel an Schwere gleicher Körper von C im senkrechten Falle auf einer mit B wagerechten Ebene anlangen würde. Diese Geschwindigkeit treibt nun, jedoch abnehmend, das Pendel über B hinaus, bis sie in einer der von B nach C gleichen Entfernung bei D ganz aufhört. Das Pendel hat jetzt durch den Bogen C B D einen vollen Schwung (bei den Uhren Pendelschlag) zurückgelegt, wiederholt dies nach C mit der umgekehrten Bedingung und würde auf diese Weise ohne Reibung und Widerstand der Luft sich unaufhörlich hin und her bewegen. In Folge jener Hindernisse aber kehrt es erfahrungsmäßig durch eine Reihe von nach und nach kleiner werdenden Schwingungen in den Zustand der Ruhe zurück. Von diesen Schwingungen werden nun, so lange sie nicht zu weite Bogen beschreiben, die kleinern, wie die größern in beinahe ganz gleicher Zeitdauer zurückgelegt und der Pendel braucht z.B. zu den Bogen von 5–5 und von 2–2 eine nur unmerklich verschiedene Zeit. Daraus erklärt sich, daß zwei Pendel, welche durch Bogen von ungleicher Länge schwingen, dennoch ihre Schwingungen in gleicher Zeit vollenden, wenn sie gleiche Pendellänge besitzen. Unter dieser wird nämlich der Abstand von dem Aufhängungspunkte eines Pendels bis zu dem Schwingungsmittelpunkte verstanden; denn wäre nämlich in diesem für ein Pendel jeder Form aufzufindenden Punkte seine ganze Schwere vereinigt und an einem Faden ohne Gewicht aufgehangen, so würde dies ein einfaches oder mathematisches, freilich nur denkbares Pendel sein und grade so schwingen, wie das wirkliche, auf welches es bezogen worden ist. Bei Kugeln oder linsenförmigen Körpern, welche an dünnen Fäden aufgehängt sind, liegt jener Schwingungsmittelpunkt etwas unter dem Mittelpunkte der Kugel; bestände jedoch ein Pendel aus einem überall gleich starken Stabe von gleicher Masse und z.B. von drei Fuß Länge, so würde sein Schwingungsmittelpunkt um 2/3 der ganzen Länge vom Aufhängungspunkte abliegen und seine Pendellänge folglich zwei Fuß betragen. Dagegen würde der Schwingungsmittelpunkt eines Pendels von nur einem Fuß Länge, das aber gleich dem nebenstehenden, unten und oben beschwert und bei C so aufgehangen wäre, daß es frei hin und her schwingen kann, weit unterhalb B liegen, da wegen der hemmenden Einwirkung von A ein solches Pendel keine schnellern Schwingungen macht, als ein um viele Fuß längeres ohne A. Man hat auch dieses Pendel zur Herstellung des sogenannten Metronom oder Taktmessers angewendet, dessen Schwingungen den Takt bei der Aufführung von Musikstücken angeben. Von gewöhnlichen Pendeln schwingt dagegen das kürzere stets schneller als das längere. Ein und dasselbe Pendel schwingt übrigens nicht an jedem Orte der Erde gleichmäßig, sondern in Folge der ungleichen Einwirkung seiner Schwere, unter dem Äquator, wo die größere Schwungkraft der Erde die Wirkung der Schwere vermindert, etwas langsamer als in der Nähe der Pole, wo die Schwere stärker einwirkt und deshalb die Körper auch schneller fallen. Soll daher ein Pendel überall gleich schnelle Schwingungen machen, so muß es bei der Annäherung zum Äquator verkürzt, in der Nähe der Pole aber verlängert werden. Ein Pendel, welches seine Schwingungen in Zeit von einer Secunde vollendet, heißt ein Secundenpendet und muß in Wien 3 F. 1 Zoll, 8,739 Linien östr. Maß, in Königsberg in Preußen 3 pariser F., 88/10 Linien, unter dem Äquator 3 pariser F., 74/10 Linien Pendellänge haben. Der Wechsel von Wärme und Kälte verändert die Schwingungen der Pendel ebenfalls, da die Körper durch Wärme ausgedehnt werden; man hat jedoch auch dieser Störung auf sinnreiche Art vorzubeugen gesucht (s. Compensation), wo besondere Genauigkeit gefodert wird. Das Pendel ist das Hauptmittel, um den Gang der Uhren gleichförmig zu machen und seine Anwendung zu diesem Behufe ward durch den berühmten niederländ. Physiker und Mathematiker Christ. Huyghens, gest. 1695 zu Leyden, im J. 1656 eingeführt. Die gewöhnlichen Uhrpendel bestehen aus einem dünnen Metallstab, über dessen unteres Ende ein schwerer linsenförmiger Körper von Messing und Blei geschoben und von einer darunter angebrachten Schraube festgehalten wird. Am obern Ende der Stange ist senkrecht eine Schneide angebracht, mittels der das Pendel auf einer harten Unterlage wie ein Wagebalken aufgehängt wird und durch seine Schwingungen einen doppelten Haken in Bewegung setzt, der abwechselnd auf der einen und der andern Seite in die Zähne des Steigrades eingreift, welches dabei, so lange es von einem Gewicht oder einer Feder getrieben wird, jedesmal um eine Zacke fortrückt und zugleich durch einen leichten Druck gegen das Pendel diesem an Schwungkraft ersetzt, was es durch Reibung und den Widerstand der Luft einbüßt.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 3. Leipzig 1839., S. 438-439.
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