Ryswijk

[784] Ryswijk heißt ein Dorf im niederländ. Gouvernement Südholland, eine Stunde vom Haag, welches durch den am 20. Sept. und 30. Oct. 1697 dort zwischen Frankreich einerseits und England, Spanien, Holland und dem deutschen Reiche andererseits unter schwed. Vermittelung abgeschlossenen Frieden geschichtlich merkwürdig geworden ist. Dieser beendigte den 1688 von Ludwig XIV. durch einen Angriff auf Deutschland unter dem Vorwande begonnenen Krieg, daß Frankreich der zu Augsburg zwischen dem Kaiser, Holland, Schweden, Savoyen und mehren deutschen Fürsten gegen seine Vergrößerung geschlossenen Ligue zuvorkommen und die Ansprüche der Prinzessin von Orleans auf die pfalz-simmernsche Erbfolge geltend machen müsse. Zugleich sollte dadurch hintertrieben werden, daß Wilhelm III., Erbstatthalter von Oranien, auf den engl. Thron gelange, daher Ludwig XIV. auch an Holland den Krieg erklärte, als jener dennoch im Nov. 1688 in England angekommen war. Jetzt wurden auch England, Spanien und Savoyen in den Krieg wider Frankreich gezogen, das zu Lande zwar in Italien, Spanien und den Niederlanden mit Vortheil kämpfte, zur See aber unterlag, wo namentlich durch die Schlacht bei Lahogue am 29. Mai 1692 der Grund zum spätern Übergewicht der brit. Seemacht gelegt wurde. Ludwig XIV. bot endlich seinen überlegenen Gegnern um so mehr die Hand zum Frieden, als er wegen der bald in Anspruch zu nehmenden Erbfolge in Spanien ihr Bündniß getrennt zu sehen wünschte. Mit Savoyen schloß er schon 1696 einen besondern Frieden zu Turin und am 9. Mai wurden zu R. die Verhandlungen unter schwed. Vermittelung begonnen, die am 20. Sept. zum Frieden mit England, Spanien und Holland, am 30. Oct. mit dem deutschen Reiche führten. Ludwig XIV. hatte Wilhelm in England als König anerkannt, gab an Spanien und die Niederlande, 82 reunirte Orte ausgenommen, alle Eroberungen zurück, für Deutschland aber blieb das Elsaß und Strasburg verloren, dagegen wurden alle reunirte Orte ebenfalls zurückgegeben. In Bezug auf dieselben ward eine besondere Clausel im Vertrage beliebt, zufolge der die katholische Religion in allen zurückgegebenen Orten bleiben solle, wie sie grade bestehe, was vielen Widerspruch [784] von Seiten der evangelischen Reichsfürsten veranlaßte, indem gegen 2000 früher reformirte pfälz. Ortschaften während der franz. Besitznahme der Pfalz zum katholischen Glauben gezwungen worden waren und nun darin bleiben sollten. Die Herzogin von Orleans ward zufolge eines schiedsrichterlichen Ausspruchs des Papstes von Kurpfalz mit 300,000 Thlrn. für ihre Ansprüche abgefunden. Das Schloß Nieuwburg bei R., wo die Verhandlungen stattfannden, ist zwar abgetragen, zum Andenken derselben aber ein ehernes Denkmal errichtet worden.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 3. Leipzig 1839., S. 784-785.
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