Scharlach

[60] Scharlach, Scharlachfieber heißt eine mit Halsbräune (s. Bräune) wesentlich verbundene fieberhafte Ausschlagskrankheit, welche sich durch scharlach- oder himbeerfarbene Hautröthe oder auch große Flecke der Art charakterisirt, mit Abschuppung der Oberhaut endet, selten vereinzelt, sondern meistens epidemisch (s.d.) vorkommt und selbst ohne unmittelbare Berührung ansteckt. In der Regel zeigt sich der Ausschlag am zweiten oder dritten Tage nach dem Vorausgange von allgemeinem Übelbefinden und namentlich fieberhaften Erscheinungen zuerst im Gesicht. Inzwischen steigern sich Halsbeschwerden, Fieber und sonstiges Übelbefinden bis zum fünften oder siebenten Tage. Darauf wird der Ausschlag blässer und verschwindet nach und nach gänzlich; sämmtliche Krankheitserscheinungen mindern sich und die Oberhaut beginnt sich in größern Stücken abzulösen mit Hinterlassung einer widernatürlich gesteigerten Empfindlichkeit der Haut gegen atmosphärische Eindrücke, die oft Wochen lang anhält. Das Scharlachfieber bietet sowol hinsichtlich seines Verlaufes im Allgemeinen als auch hinsichtlich der Art des Fiebers, des Ausschlages, der Art und des Grades der Halsbeschwerden u.s.w. mannichfache Verschiedenheiten dar, welche von dem Charakter der jedesmaligen Epidemie abhängen. Meistens ist das Fieber ein einfaches, gutartiges Katarrhalfieber, zuweilen ein heftig entzündliches, nervöses oder fauliges. Zum entzündlichen Fiebercharakter gesellt sich leicht Gehirn-oder Darmentzündung; bei dem nervösen oder fauligen treten die Zufälle des Nerven- oder Faulfiebers (siehe die betreffenden Artikel) hinzu, wo dann die Krankheit vorzugsweise bösartiges Scharlachfieber genannt wird. Der Ausbruch des Ausschlages erfolgt unregelmäßig; dieser hat eine mehr blasse oder ins Bläuliche spielende Färbung; die Halsbräune wird leicht brandig. Der Ausschlag ist zwar in der Regel glatt anzufühlen, wird aber zuweilen auch durch Erhebung der Hautwärzchen oder durch das Aufschießen von wirklichen Knötchen oder Bläschen rauh und erhält dann die Benennung: Scharlachfriesel. Von den Nachkrankheiten, welche das Scharlachfieber unter ungünstigen Umständen hinterläßt, ist die häufigste die allgemeine Hautwassersucht, die sich oft während der Abschuppung, oft einige Wochen nach dieser einstellt und am gewöhnlichsten dadurch herbeigeführt wird, daß man die kaum Genesenen zu früh an die Luft läßt; außerdem, indeß seltener, Taubheit, Ausflüsse aus den Ohren, Drüsenverhärtungen u.s.w. Häufig ist das Scharlachfieber ohne alle Gefahr, zuweilen aber auch so bösartig, daß die von ihm Befallenen schnell sterben. Im Allgemeinen lehrt die Erfahrung, daß Erwachsene immer bedenklicher daran erkranken als Kinder. Zu den Besorgniß einflößenden Erscheinungen gehören: ein zu geringer oder zu lange zögernder Ausbruch des Ausschlages, allzu schnelles Verschwinden, zu blasse oder zu dunkle Färbung desselben, sehr heftiger Kopfschmerz, beständiges Irrereden, öfteres Würgen, Erbrechen, Durchfall, Beschwerden bei dem Urinlassen, plötzliche Veränderung in dem Ausdrucke des Gesichts, namentlich ein sehr verfallenes Aussehen, große Schwäche, ungewöhnliche Beschleunigung und Kleinheit des Pulses; am allerbedenklichsten ist aber der plötzliche Zurücktritt des Ausschlages. Zum Schutze gegen die Ansteckung durch denselben hat man verschiedene Mittel empfohlen, es hat sich aber keines derselben allgemein und auf die Dauer als zuverlässig bewährt. Das Sicherste bleibt bei dem Erscheinen von Scharlachepidemien möglichste Absonderung von bereits Erkrankten. Für die einmal Erkrankten gilt aber als stets zu beherzigende diätetische Regel, daß sie nicht, wie sonst gebräuchlich, zu warm gehalten werden, wobei sich jedoch von selbst versteht, daß sie andererseits vor jeder Möglichkeit [60] einer Erkältung und ganz besonders vor Einwirkung von Zugluft verwahrt werden müssen.

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Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 4. Leipzig 1841., S. 60-61.
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