Schwalbe

Schwalbe
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[120] Schwalbe (die) ist ein zu dem Geschlechte der Singvögel gehöriger Vogel, welcher in mehren Gattungen vorkommt, die sich alle durch einen kurzen Schnabel, aber dabei sehr weites Maul, kurze Beine und große Gewandtheit im Fliegen auszeichnen.

Die meisten haben lange Flügel und einen getheilten Schwanz. Sie ziehen beim Eintritt der kältern Jahreszeit von uns weg und begeben sich in wärmere Gegenden, aus denen sie mit Rückkehr der warmen Zeit bei uns wieder eintreffen, anfangs einzeln, dann in großer Menge. Dabei fliegen sie sehr schnell und hoch, sodaß man ihre Züge nicht beobachten kann. Lange Zeit hat man behauptet, daß die Schwalben während des Winters bei uns blieben und eine Art von Winterschlaf hielten. Allerdings hat man auch nicht nur einzelne, sondern auch wol mehre beisammen in einem Zustande der Erstarrung in Sümpfen, im Schlamme oder Schilfe gefunden; es ist aber höchst wahrscheinlich, daß diese Schwalben solche waren, welche sich verspätet hatten und vor Hunger und Frost umgekommen waren. Die Schwalben nähren sich von den kleinen Insekten, welche während des Sommers massenweise in der Luft herumschwärmen, und fangen diese mit großer Geschicklichkeit im Fluge. Man betrachtet sie als Wetterpropheten, weil sie, wahrscheinlich ihrem Raube nachgehend, bei feuchter Witterung und daher bevorstehendem Regen außerordentlich tief fliegen, sodaß sie zuweilen den Erdboden und die Gewässer mit ihren Flügeln fast berühren. – Am bekanntesten ist die Haus-, Mehl-oder Fensterschwalbe, welche einen blaulichschwarzen Rücken, ungefleckte Schwanzfedern, einen weißen Bauch und befiederte Füße hat. Sie baut ihr Nest an die Wohnungen der Menschen in halbkugelförmiger Gestalt, aus Lehm und Stroh mit großer Kunst. – Die Rauchschwalbe ist oben schwarzblau, an [120] Stirn, Augen und Kehle rothbraun und unten weiß, die beiden äußersten Schwanzfedern sind schwarz und sehr lang, die mittlern weißgefleckt. Sie kommen am frühesten (Anfang Aprils) unter den Schwalben einzeln bei uns an, bauen ihre Nester innerhalb der Häuser an den Gesimsen, in Stätten, Rauchfängen u. dgl. Ihr Nest ähnelt dem der Hausschwalbe. Sobald die Schwalben einen Raubvogel gewahren, verkünden sie dessen Gegenwart durch ihr Geschrei und warnen dadurch auch andere Vögel. Die Thurm- oder Mauerschwalbe gehört zur Gattung der Segler, welche besonders lange Flügel haben und fast nie sitzen, weil sie mit ihren schwachen und kurzen Beinen sich nicht leicht von der Erde wieder aufschwingen können. Diese Schwalbe hat eine rußschwarze Farbe und weiße Kehle. Sie wird, wie die Rauchschwalbe, 61/4 Zoll lang. Beim Fliegen bewegt sie die Flügel nur sehr wenig, sodaß sie in der Luft gleichsam schwimmt. Sie nistet in Mauerlöchern und lebt gern in der Nähe von Thürmen, alten Gemäuern, Felsen u. dgl. Wenn diese Schwalben im Frühjahre zu uns zurückkehren, suchen sie ihr altes Nest wieder auf. – Bedeutend größer ist der hier abgebildete europäische Ziegenmelker oder die Nachtschwalbe, welche zur Gattung der Sperrvögel gehört, so genant, weil sie den Rachen ungemein weit aufsperren können. An der Wurzel ist der Schnabel sehr breit und mit steifen Bartborsten besetzt. Nachtschmetterlinge und andere Insekten, welche diese Vögel während der Dämmerung und in hellen Nächten im Fluge fangen, machen ihre Nahrung aus. Man erzählte sonst die Fabel, daß sie des Nachts den Ziegen und wol auch den Kühen die Euter aussaugten. Von Gefieder ist die Nachtschwalbe graubraun mit schwarzen, braunen, gelben und weißen Flecken und Wellenlinien; vom Schnabel nach dem Nacken zu geht eine weiße Binde. Der aschgraue Schwanz ist mit brauner Querbinde und dunklen Flecken gezeichnet. Sie wird über 11 Zoll lang, lebt bei uns vorzüglich in Nadelhölzern, welche Wiesen und Teiche in der Nähe haben. Das Weibchen legt zwei Eier ins Dickicht, unmittelbar auf die Erde. – Besonders merkwürdig ist noch die indianische Schwalbe oder Salangane, welche außerordentlich klein ist und kaum 1/2 Loth wiegt. Sie ist grau und hat einen sehr langen weißen Schwanz. Ihr beständiger Aufenthaltsort ist Indien, und man genießt besonders die Jungen als eine große Delicatesse. Auch ihre Nester, die berühmten indianischen Schwalbennester (s. Nest), werden gegessen.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 4. Leipzig 1841., S. 120-121.
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