Servet

[170] Servet (Michael) wurde 1509 zu Villanueva in Spanien geboren, studirte zu Toulouse die Rechtswissenschaften und ergab sich den theologischen Studien, indem er eifrigen Antheil an der in Deutschland und der Schweiz vor sich gehenden Kirchenverbesserung nahm. Er wich jedoch nicht allein von den Annahmen der kathol. Kirche ab, sondern auch von den Lehrmeinungen, an welchen die Reformatoren festhielten. Namentlich schien ihm die Lehre von der Dreieinigkeit irrthümlich, und er schrieb ein Werk »De erroribus trinitatis« (»Über die Irrthümer der Dreieinigkeit«), welches 1531 zu Strasburg gedruckt wurde. Er wollte in Deutschland seine Lehre ausbreiten, machte aber kein Glück und ging darauf nach Lyon und Paris, wo er das Studium der Arzneiwissenschaften aufnahm und bald, wie vorher mit den Theologen, mit den Ärzten in Streit gerieth, weil er auch in diesen Wissenschaften reformiren wollte. Nachdem er sich wieder einige Zeit zu Lyon aufgehalten, lud ihn der [170] Erzbischof von Vienne, Pet. Palmier, ein Gönner ausgezeichneter Gelehrter, zu sich ein. Schon längere Zeit hatte S. mit Calvin in Genf über religiöse Gegenstände in Briefwechsel gestanden, woraus ein gelehrter Streit entstand, der immer hitziger wurde und endlich zu kränkenden Beleidigungen von beiden Seiten führte. Endlich schickte Calvin einige Handschriften und die Briefe des S. an den Erzbischof von Vienne und bewirkte dadurch, daß S. verhaftet wurde. Er entkam jedoch aus dem Gefängnisse, wollte nach Neapel fliehen und nahm unvorsichtigerweise seinen Weg über Genf. Calvin erfuhr seine Ankunft, zeigte dieselbe sogleich der Obrigkeit an und bewirkte seine Verhaftung. Durch einen seiner Diener ließ er nun S. der Ketzerei und Gotteslästerung anklagen, während er selbst sich bemühte, in mündlichen Unterredungen den Gefangenen zu seiner Lehrmeinung zu bekehren. Aber S. war unerschütterlich und Calvin gab ihn auf. Die Anklagen, welche man gegen ihn erhob, waren sehr schwach und hauptsächlich darauf gerichtet, daß er die Calvinische Lehre herabgewürdigt hätte. Das genfer Gericht berieth sich mit der Geistlichkeit zu Bern, Basel und Zürich, und endlich wurde S. zum Feuertode als Ketzer verurtheilt, welche Strafe am 17. Oct. 1553 an ihm vollzogen wurde, und zwar auf das qualvollste. Der Tod S.'s wird immer ein Schandfleck in dem Leben Calvin's sein.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 4. Leipzig 1841., S. 170-171.
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