Zizka von Trocnow

[808] Zizka von Trocnow (Johann), der ebenso tapfere als grausame Feldherr der Hussiten, war ein böhm. Edelmann und 1360 auf dem seinen Ältern gehörenden Hofe Trocnow im budweiser Kreise und der jetzt fürstl. Schwarzenberg'schen Herrschaft Forbes (Borowany) geboren. Als Knabe schon kam er um das rechte Auge und ließ frühzeitig ungewöhnliche Fähigkeiten, aber auch eine Neigung zur Abgeschiedenheit bemerken. Nachdem er Page am Hofe Königs Wenzel von Böhmen gewesen, dann mit böhm. und ungar. Rittern freiwillig dem deutschen Orden gegen Lithauer und Polen zu Hülfe gezogen war und nachher in Ungarn wider die Türken, mit den Engländern bei Azincourt (s.d.) gegen die Franzosen gefochten hatte, kehrte er an den böhm. Hof zurück, wo er zum Kämmerer ernannt wurde. Z. theilte auf das entschiedenste den Unmuth der Mehrzahl seiner Landsleute über die den Böhmen in der Person von Joh. Huß (s.d.) trotz des freien kais. Geleits in Konstanz angethane Schmach, mit dem tiefsten Grimm erfüllte ihn aber die Entehrung seiner Schwester, einer Nonne, durch einen Mönch und er trachtete danach, sie am ganzen Stande des Elenden zu rächen. Daher schloß sich Z. den unter Nik. von Hussinecz vereinigten Aufrührern (s. Hussiten) an, und als bei der um sich greifenden Gährung König Wenzel 1418 von den Pragern die Ablegung der Waffen foderte, führte Z. dieselben aufs Schloß und betheuerte, so wollten sie für ihn streiten, worauf sie die Waffen behielten. Als am 30. Jul. 1419 ein Hussitenpriester während eines Aufzugs von einem Steinwurfe aus dem Rathhause verwundet wurde, führte Z. das Volk beim Sturme auf das Rathhaus an und ward nun das eigentliche Haupt der Hussiten. König Wenzel starb vor Schreck und Zorn über diesen Aufruhr plötzlich und Kaiser Sigismund, sein Nachfolger, fing an, viele Anhänger der neuen Lehre hinrichten zu lassen, weshalb sich die Hussiten verschworen, den (gegen Huß) Wortbrüchigen als König anzuerkennen. Z. hatte vorher schon auf Vermehrung und Organisirung der hussitischen Streitkräfte gedacht, gründete 1420 auf dem Berge Tabor die gleichnamige feste Stadt, und wußte seinem Haufen in kurzer Zeit einen gefürchteten Namen zu machen. Als der Kaiser mit einem zahlreichen Heere wider Prag anrückte, verschanzte sich Z. auf dem nahen Berge Wittkow und schlug dort am 14. Jul. 1420 mit 4000 M. mehre Stürme von 30,000 M. ab, weshalb jener Berg noch der Zizkaberg heißt. Die Einnahme des prager Schlosses verschaffte ihm 1421 die ersten in Böhmen überhaupt vorhanden gewesenen, vier kleinen Kanonen. Nachdem er beim Angriffe auf das Schloß Raby durch einen Pfeilschuß sein letztes Auge verloren hatte, führte er auf einem Wagen seine Streiter an und ordnete den Angriff nach den ihm gemachten Berichten. Bei Deutschbrod wurde von ihm 1422 abermals ein kais. und Reichsheer geschlagen und er drang hierauf in Mähren und Östreich ein. Z. hatte sich so furchtbar gemacht, daß Niemand gegen ihn fechten wollte und Sigismund bot ihm, dem angesehensten und mächtigsten Manne in Böhmen, endlich die Statthalterschaft unter günstigen Bedingungen an. Allein während der deshalb angeknüpften Unterhandlungen starb Z. an einem pestartigen Übel am 12. Oct. 1424 vor der von ihm belagerten Stadt Przibislaw im czaslauer Kreise, die hierauf von den aufs höchste gereizten Taboriten erstürmt und niedergebrannt wurde. Z.'s Leiche ward zuerst [808] bei St.-Ursula in Königgrätz, dann in der Peter, Paulskirche zu Czaslau beigesetzt und über seinem Grabe sein Streitkolben an eine Säule gehängt. Als über 130 Jahre nachher Kaiser Ferdinand I. auf der Reise nach Prag in diese Kirche kam und hörte, daß er vor Z.'s Grabe stehe, soll er augenblicklich die Kirche und die Stadt verlassen haben, wo er vorher beschlossen hatte zu übernachten. Im Jahre 1623 ist Z.'s Grab auf kais. Befehl abgebrochen und seine Gebeine sind weggeführt worden. Z. war kräftig gebaut, von mittler Größe, hatte schwarzes Haar und trug sich einfach nach böhm. Sitte. Grausamkeiten waren die Begleiter seiner Siege und zum Theil wol darauf berechnet, sich furchtbar zu machen, zum Theil auch eine Folge seiner rohen Zeit und der Unbändigkeit seiner fanatischen Streiter. Er selbst hielt sich mit ihnen für, ein Werkzeug göttlichen Zornes und wenn er auszog, um Klöster zu zerstören, foderte er seine Haufen zum Besuch bei seinen lieben Freunden und Schwägern auf; das Wehgeschrei der in den Flammen umkommenden Mönche und Pfaffen aber nannte er seiner Schwester Brautlied. In der Kriegskunst hat Z. durch seine Benutzung der Wagenburg (s.d.) und die Raschheit seiner Bewegungen sich ausgezeichnet, ist in 13 Schlachten und vielen Treffen Sieger geblieben und nur einmal bei Kremsier in Mähren im offenen Felde besiegt worden. Daß er auf dem Todbett angeordnet haben soll, seine Haut über eine Trommel zu spannen) vor deren Schall die Feinde fliehen würden, ist ebenso falsch, wie daß sein Geschlechtsname Zizka einen Einäugigen bedeute, was zuweilen behauptet wird.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 4. Leipzig 1841., S. 808-809.
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