Ferdinand I.

Ferdinand I.

[25] Ferdinand I. (Karl Leop. Joseph Franz Marcellin), regierender Kaiser von Östreich, Sohn Franz I. und dessen zweiter Gemahlin Marie Therese, einer neapolit. Prinzessin, geb. am 19. Apr. 1793, bestieg am 2. März 1835 nach Ableben seines Vaters den Kaiserthron, nachdem er schon 1830 als Ferdinand V. in Presburg zum König von Ungarn [25] gekrönt worden.

Er war in seiner Jugend von schwächlicher Gesundheit und trat daher nicht in den Militairdienst. Nachdem sich aber sein Körper erkräftigt und eine sorgfältige Erziehung ihm die nöthige Vorbereitung ertheilt hatte, trat F. bald nach den Befreiungskriegen Reisen durch Frankreich, Italien, die Schweiz und das Kaiserreich an, auf denen er durch seine Leutseligkeit, Milde und Wohlthätigkeit die Liebe Aller erwarb, die das Glück hatten, mit ihm in Beziehung zu kommen. Das Leben des geliebten Fürsten war 1832 einer großen Gefahr ausgesetzt, indem ein schändlicher Undankbarer, dem er Wohlthaten hatte zufließen lassen, der aber auf noch bedeutendere Geldsummen gerechnet hatte, ein Terzerol auf ihn abschoß. Der Bubenstreich mislang jedoch, indem die Kugel nur die Schulter des Königs leicht streifte. Bei dieser Gelegenheit sprach sich die Liebe des Volkes zu seinem künftigen Herrscher auf das Lebendigste aus. Seit 1831 ist F. mit der Prinzessin Karoline Marie Anna, der Tochter des verstorbenen Königs Victor Emanuel von Sardinien, vermählt. Gleich nach seiner Thronbesteigung erfreute der Kaiser sein Volk mit der Erklärung, daß er ganz im Geiste seines hochverehrten und geliebten Vaters fortregieren werde, und erneuerte den alten Freundschaftsbund Östreichs mit Preußen und Rußland bei seiner persönlichen Zusammenkunft mit König Friedrich Wilhelm III. und Kaiser Nikolaus I. zu Teplitz im Oct. 1835, wodurch Europa die Hoffnung auf Erhaltung des Friedens erhielt, an der Einige zweifeln zu müssen geglaubt hatten. Er nahm keine wesentlichen Veränderungen in der Besetzung der Staatsämter vor und die erste Handlung, welche seine Thronbesteigung bezeichnete, war eine That der Großmuth und Milde, indem er eine Anzahl wegen Staatsverbrechen Angeklagter begnadigte. Auch hat er einige mildernde Änderungen in der Rechtspflege eingeführt. Er ist auf alle Weise bemüht, die Industrie der von ihm beherrschten Länder zu heben, und wie sehr er von jeher sich dafür interessirt hat, beweist unter Anderm ein schon früher auf seine Kosten angelegtes großartiges und prachtvolles technologisch-industrielles Cabinet. Mit großer Vorliebe hat er sich auch mit dem Studium der Heraldik (s. Wappen) beschäftigt.

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Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 2. Leipzig 1838., S. 25-26.
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