Guiche, Gräfin von

[72] Guiche, Gräfin von, Diana, Gräfin von, mit dem Beinamen »die schöne Corisande,« die einflußreiche und liebenswürdige Freundin Heinrich's IV., war die Tochter Paul's von Andouin, Vicomte de Louvigny, der sie in zarter Jugend schon 1567 an den Gouverneur von Bayonne, Philibert von Gramont, Grafen von Guiche, vermählte. Derselbe hatte bei der Belagerung von la Fère durch eine Kanonenkugel einen Arm verloren und starb an den Folgen dieser Verwundung, als Diana kaum ihr 26. Jahr erreicht hatte. Heinrich IV., der noch König von Navarra war, sah die reizende Witwe in Bordeaux und fühlte sich so angezogen von ihrer persönlichen Anmuth, von der Gewandtheit ihres Geistes und dem Zauber ihres Benehmens, daß er schon damals von glühender Liebe für sie entbrannte. Edel und ritterlich in Allem, was er that und dachte, strebte er durch Waffenthaten sich der Neigung seiner Angebeteten werth zu zeigen, und mehr als ein Mal eilte er von den Schauplätzen seiner Siege, Dianen die eroberten Fahnen zu Füßen zu legen und die Lorbeeren seiner Stirn mit ihr zu theilen. Der König fand in ihr nicht nur die schönste und liebenswürdigste Freundin, sie war ihm auch eine treue, kluge und verschwiegene Rathgeberin, der er von allen Angelegenheiten genaue Rechenschaft abzulegen pflegte. Obgleich selbst Katholikin, nahm sie doch an den Kriegen ihres Geliebten gegen die Ligue den thätigsten Antheil, ja sie verkaufte selbst ihre Diamanten und verpfändete ihre Besitzungen,[72] um Heinrich mit Geld und Truppen zu unterstützen. Die Briefe, die er ihr schrieb, liefern zugleich ein charakteristisches Beispiel von der Einfachheit der Sitten damaliger Zeit und von dem aufrichtigen, biederen Charakter des von seinem Volke so hoch geliebten Königs; sie setzen aber auch gleichzeitig durch die gefühlvollen Aeußerungen einer innigen Verehrung und die Eleganz und Zartheit der Ausdrucksweise in Erstaunen. Heinrich's Liebe für Dianen wuchs inzwischen immer mehr, die Aufführung Margarethens von Valois in Auvergne, wohin sie sich zurückgezogen hatte, veranlaßte des Königs Trennung von ihr und die Gräfin von Guiche empfing in einer jener süßen Stunden, wo der Liebende nichts verweigern kann, von ihm ein Heirathsversprechen, das er mit seinem Blute unterschrieben hatte. Die Offenheit und Anhänglichkeit des treuen d'Aubigné verhinderte diese Verbindung, welche Heinrich IV. wahrscheinlich für immer vom Throne Frankreichs ausgeschlossen hatte. Dazu kam, daß Corisandens Schönheit zu welken begann, und daß der König an der Marquise von Guercheville (s. d.) Gefallen fand. Die Gräfin verließ den Hof und starb in völliger Abgeschiedenheit, von ganz Frankreich vergessen 1620; nachdem ein Sohn des Königs seiner Mutter schon längst im Tode vorangegangen war. Die Briefe Heinrichs an die »Belle Corisande,« 37 an der Zahl, hatten sich in Privatbibliotheken erhalten, bis Prault, der Herausgeber des »Esprit de Henri IV« sie in dieses Buch mit aufnahm; sie sind unstreitig einer der interessantesten Beiträge zur Geschichte des guten und väterlichgesinnten Königs, der bei Jedem seiner Unterthanen des Sonntags ein Huhn im Topfe wissen wollte.

X.

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Damen Conversations Lexikon, Band 5. [o.O.] 1835, S. 72-73.
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